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Willkommen im Widerspruch

«Nach bisherigen Erkenntnissen kann man zusammenfassend sagen», so fängt ein Text an, der in den sozialen Medien die große Runde macht.


Dann folgen 22 Feststellungen folgender Art: 1. Im Prinzip darfst du das Haus nicht verlassen, aber wenn du es musst, dann kannst du. 2. Masken sind nutzlos, aber vielleicht musst du eine tragen. Masken können dich retten, sie bringen aber womöglich nichts. 3. Die Läden sind geschlossen mit Ausnahme derjenigen, die geöffnet sind. 4. Du solltest nicht ins Krankenhaus gehen, es sei denn, du musst dorthin gehen. Du solltest nur im Notfall zum Arzt gehen, aber nur, wenn du nicht allzu krank bist. 5. Das Virus ist tödlich, aber nicht allzu beängstigend, außer dass es zu einer globalen Katastrophe führen kann. Oder: 8. Es gibt keinen Mangel an Lebensmitteln im Supermarkt, aber es gibt viele Dinge, die fehlen, wenn man am Abend dort hingeht und nicht am Morgen. 9. Das Virus hat keine Auswirkungen auf Kinder, außer auf diejenigen, auf die es sich auswirkt. 10. Tiere sind nicht betroffen, aber es gibt eine Katze, die in Belgien positiv getestet wurde, und ein paar Tiger hier und da. 11. Du wirst viele Symptome haben, wenn du krank bist, aber du kannst auch ohne Symptome krank werden, Symptome haben, ohne krank zu sein, oder ansteckend sein, ohne Symptome zu haben. Und so weiter.

Wer die Widersprüche aufhebt, der hebt das Leben auf, formulierte Friedrich Hegel. Wie können also Widersprüche leben? Im Gespräch, in der «ewigen Konferenz», wie Joseph Beuys als Lebensprinzip des Sozialen formulierte, denn hier beginnen sich die Gegensätze gegenseitig zuzuhören.


Titelbild: Gilda Bartel, Ohne Titel, Tusche und Pigment, Weimar, 2017.

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