Die Auseinandersetzung mit dem Lebensmittel nährt uns – vorausgesetzt, es entspricht seinem eigenen Wesen.
Essen wir einen Apfel, haben wir eine Begegnung mit ihm. Sie fängt beim Sehen an, dann steigt sein Aroma in die Nase. Bei gekochten Mahlzeiten breitet sich der Geruch aus, noch bevor sie sichtbar werden. Schließlich folgt der Geschmack beim Biss in den Apfel. Spätestens jetzt wird einem die Begegnung bewusst. In der Verdauung ist der weitere Abbau sogar eine Konfrontation: Der Apfel wird komplett zerlegt, mechanisch durch das Kauen, biochemisch durch Enzyme. Die Entkleidung des Apfels dem Stoff, der Form und dem Wesen nach ist wichtig, damit wir nicht zu dem werden, was wir essen. Wenn die Begegnung nicht ordentlich stattfindet, unsere Abgrenzung nicht ausgebildet ist, kann es zu Unverträglichkeiten kommen. Dann ist zu viel Fremdcharakter im Organismus – und er wehrt sich.
Eine Begegnung ist dann eine echte Bereicherung, wenn das Gegenüber möglichst andersartig ist. Der Apfel muss also wahrhaft Apfel sein, damit die Begegnung mit ihm anregend wirkt. Das ist eine Qualitätsfrage. In biodynamischem Wein zum Beispiel kommt das Terroir besser zur Geltung als in konventionellen Weinen, weil sich die Rebe durch die biodynamischen Maßnahmen stärker mit ihrer Umgebung auseinandersetzt und diese widerspiegelt – so, wie Nahrungsmittel, die die Besonderheit ihrer Art, ihrer Sorte und ihrer Anbaubedingungen ausprägen, wahrhaftig sind. ‹Meet food› nennt Hanni Rützler den Ernährungstrend. Und das heißt: Begegne dem Lebensmittel, statt es nur zu konsumieren.