Ein lebendiges Meer

Berlin, Deutschland. Dieses Jahr markiert den 100. Todestag von Rudolf Steiner. Wie lebt er in anderen weiter? Antworten von Friederike Schinagl, Kuratorin aus Deutschland.


Welcher Satz von Rudolf Steiner hat dich berührt und warum?

Steiner sagte einmal, wir sollen seine Ideen als Gedanken-Partituren verstehen. Damit möchte er ausdrücken, dass nicht ein «starres Begriffssystem die Wahrheit ist, das nur einer einzigen Gestalt fähig ist; sie ist ein lebendiges Meer, in welchem der Geist des Menschen lebt und das Wellen der verschiedensten Gestalt an seiner Oberfläche zeigen kann». Geist und Materie sind keine Gegensätze, sondern durchdringende Qualitäten, deren innerstes Begehren es ist, Leben zu schenken.

Woran wird in deinem Umfeld erkennbar, dass du dich für Rudolf Steiner interessierst?

In exemplarischer Weise versuche ich, den spirituellen Quellen der Kultur nachzuspüren und die größeren Zusammenhänge von Kunst, Wissenschaft und Religion auszuloten. Durch die Begegnung neuer, anfangs oft konkurrierender Vorstellungs- und Wahrnehmungswelten können dritte Räume geschaffen werden.

Wo hat dich die Anthroposophie irritiert?

Irritation ist der Honig des Lebens.

In welcher menschlichen Begegnung kam dir Rudolf Steiner nah?

Mit Melaine MacDonald, Mechtild Oltmann, Jean-Michel Florin und Joseph Beuys.

Für welche Lebensfragen ist dir Anthroposophie besonders wichtig?

Für Dreigliederung, Ich-Bildung, Landwirtschaft, Wirtschaft und Handwerk.

Welchen Gedanken würdest du der Anthroposophie gern hinzufügen?

Es geht darum, die Einsichten eines vernetzten Denkens an die jüngere Generation weiterzugeben und die Jüngeren dazu ihre eigene Position finden zu lassen. Es geht darum, durch neue Formen der Resonanz die Kultur eines respektvollen und friedlichen Umgangs zwischen Menschen unterschiedlicher kultureller und religiöser Prägungen mit anderen in Kontakt zu bringen.

Wo hat die Anthroposophie dein Leben konkret verändert?

Anthroposophie ist eine echte Schöpfung, etwas Neues, die Welt zu begreifen und zu transformieren.

Wenn Anthroposophie ein fantastisches Tierwesen wäre – wie würde es aussehen?

Vielleicht wie ein Einhorn.


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Bild Friederike Schinagl, Foto: KPB

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