Sighnaghi, Georgien. Qedeli ist eine Wohngemeinschaft für Menschen mit Assistenzbedarf, die 1999 nahe Tiflis, Georgien, gegründet wurde. Leiterin Lali Khandolishvili berichtet von ihrer Arbeit im aktuellen politischen Klima.
Wie sieht ein typischer Tag in Qedeli aus?
Aktuell leben 29 Menschen mit Assistenzbedarf in Qedeli. Neben einer angemessenen Betreuung werden die Fähigkeiten der Bewohnerinnen und Bewohner in diversen Workshops gefördert. Sie arbeiten auf einer kleinen Schweinefarm, backen Brot, fertigen verschiedene Handarbeiten an, weben von Hand und am Webstuhl, stellen Holzprodukte her, gärtnern und bewirtschaften saisonal Weingärten. Jeder Tag beginnt mit einem Treffen im Gemeinschaftsraum. Dort singen wir zusammen und lesen den Tagesspruch vor. Wir feiern auch die entsprechende Jahreszeit. In den Pausen treffen wir uns alle im Hof oder in den Gemeinschaftsräumen, um miteinander zu reden und uns zu unseren Gedanken auszutauschen. Nachmittags nehmen die Bewohnerinnen und Bewohner an verschiedenen Therapien wie Malen, Musik und Tanz teil. In der verbleibenden Zeit gestalten sie ihre Freizeit nach ihren eigenen Wünschen und Vorlieben.
Wie beeinflusst die politische Situation eure Arbeit?
Im vergangenen Jahr hat die Regierung undemokratische Gesetze verabschiedet, die verschiedenen Bereichen, einschließlich des NGO-Sektors, schweren Schaden zufügen werden. Beispielsweise besagt ein Gesetz, dass jede Nichtregierungsorganisation (NGO), die Gelder aus dem Ausland erhält, als Organisation gilt, die die Interessen einer ausländischen Macht verfolgt – unsere Initiative ist da keine Ausnahme. Um unsere Arbeit fortsetzen zu können, sind wir jedoch auf finanzielle Unterstützung aus dem Ausland angewiesen. Bisher hatten die politischen Veränderungen zum Glück keine direkten negativen Auswirkungen auf unsere Arbeit. Dennoch fürchten wir die ungewisse Zukunft und sind sehr besorgt über die nächsten Schritte der Regierung. Die feindliche Haltung gegenüber NGOs beschäftigt uns ständig. Das vergangene Jahr war eines der härtesten für die georgische Bevölkerung. Es war geprägt von Enttäuschung, Depression und Nihilismus, aber auch von einem anhaltenden Kampf für demokratische Prinzipien.
Was erhoffst du dir für die Zukunft der Initiative?
Unsere größte Hoffnung für Qedeli besteht derzeit darin, zu überleben und das Gute zu bewahren, das wir und unsere Freunde in den letzten 35 Jahren durch ihre selbstlose Arbeit erreicht haben. Wir sind zutiefst dankbar für die Unterstützung, die wir seit unserer Gründung erhalten.
Kontakt qedelicommunity@gmail.com
Mehr Qedeli
Bild Bewohnerinnen und Bewohner von Qedeli, Foto: Lili Sulkhanishvili