Was meine ich mit ‹werdender Mensch›?

Es ist der werdende Mensch in jedem Menschen, und was der Lehrer tut, ist nichts hineinstecken, sondern Anregung und Nahrung geben, sodass es anregend wirkt für die eigenen Entwicklungskräfte des kleinen Kindes, des werdenden Menschen. Und das ist etwas so Großartiges, dass es zurückströmt zu dem Lehrer, der Lehrerin.


Die kleinen Kinder haben in gewissem Sinne eine noch viel stärkere Kraft des werdenden Menschen in sich als der Erwachsene. Es sprudelt dem Lehrer entgegen. Aus jedem kleinen Kind. Was geschieht also beim Unterrichten? Ein Doppelstrom. Vom Lehrer, der Lehrerin: Nahrungsstrom, Stütze, Hilfe und dann Abwarten: Was kommt jetzt vom Kind? Und jetzt strömt etwas zum Lehrer zurück, sodass es ganz haltbar ist, zu sagen: Bei jeder Erziehung lernt der Lehrer ebenso viel wie der Schüler, die Schülerin. Nur sie lernen nicht dasselbe, es ist etwas anderes, aber es ist genauso geistig wirksam, was in beiden Richtungen strömt. Als Lehrerin hat man die Situation vor sich, dass dieser andere Mensch nach und nach erwachsen wird und dann dasjenige tun wird, was ‹er› selbst bestimmt, und nicht, was ich, der Lehrer, bestimme. Wenn der Lehrer oder die Lehrerin nur die leiseste, unhaltbare Vorstellung hat, dieser Schüler, diese Schülerin solle so und so werden als Erwachsener, dann ist das eine Behinderung für die ganze Erziehung.


Grafik Sofia Lismont

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