Was im Augenblick verborgen ist

«Momentensammler» nennt sich der bayerische Liedermacher Werner Schmidbauer in seinem gleichnamigen Lied. Das trifft vermutlich für alle Menschen zu, denn nichts anderes meint die Fähigkeit, Augenblicke zu Geschichte und zu Geschichten zu verweben, die Innenseite eines Momentes zu erfahren und zu bewahren. Dabei sind die Studien von Ernst Pöppel interessant: Der Hirnforscher stellte fest, dass bei Säugetieren Alltagsgebärden wie Kratzen oder Kontaktaufnahme zwei Sekunden dauern, während beim Menschen vergleichbare Handlungen von Händeschütteln, Fingerzeig bis Türeklopfen drei Sekunden brauchen. Die wissenschaftliche Erklärung: Der menschliche Geist fasst den Strom der Zeit in Drei-Sekunden-Gegenwarten. So lange dauert auch ein menschlicher Atemzug und – so die Forschung – auch ein Augenblick. Dichterinnen und Maler, Bildhauerinnen und Komponisten offenbaren mit ihren Bildern und Büchern, dass in jedem dieser Momente eine Ewigkeit verborgen ist.


Cover Philip Nelson,Die Geburt Griechenlands, 2024, 100 × 80 cm (Ausschnitt)

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