Flavia Borer wurde als Junge geboren. Dieser Aspekt ihres Selbst stimmte jedoch nicht mit ihrer Eigenwahrnehmung überein. Schon als Kind und Jugendliche fühlte sie sich unwohl mit den primären männlichen Geschlechtsmerkmalen ihres Körpers. Zudem träumte sie davon, sich in der Welt als Mädchen vorstellen zu können. Lange versuchte sie, diese Tatsache zu ignorieren. Das Leben schien Flavia, die Autismus hat, so schon kompliziert genug zu sein. Bis sie an einem Vortrag des britischen Psychologen Tony Attwood teilnahm, in dem dieser über den Zusammenhang zwischen Autismus und Transidentität sprach. Sie verstand, dass sie ihre eigene Wahrnehmung ernst nehmen musste. Nach viel intensiver Reflexion traf die ehemalige Philosophiestudentin die Entscheidung, ihre äußere Erscheinung an ihr inneres Erleben anzugleichen. Sie begann, Hormone einzunehmen, und ließ schließlich auch mehrere geschlechtsanpassende Operationen durchführen. Schon zu Beginn ihres Angleichungsprozesses bemerkte sie, wie es ihr besser ging. Bis heute scheinen seit der Hormontherapie einige ihrer autistischen Züge weniger stark ausgeprägt zu sein. Familie und Freunde reagierten hauptsächlich mit Verständnis und Unterstützung auf ihre Angleichung. Inzwischen ist ihre Transidentität für Flavia eher Nebensache; von ihrem Umfeld wird sie ganz und gar als Frau angenommen. Derzeit liegt ihr Fokus darauf, als Autistin ein reiches Sozialleben zu führen, in einer Gesellschaft, die es Menschen mit Autismus nicht leicht macht.
Aus Goetheanum.tv Reportage und Diskussion zu Transsexualität.
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