Die Technik ist Problem und Lösung zugleich. Unzählige ökologische, soziale, ethische Fragen hängen mit der Technik zusammen. Was ist sie oder was könnte sie werden? Eine Betrachtung mit besonderem Rückblick auf eine wenig bekannte Strömung: den Kosmismus.
Um der Langeweile der Ewigkeit zu entgehen, wollte Zeus, der Herrscher des Olymps, die Erde mit sterblichen Kreaturen bevölkern. Um diesen Plan zu verwirklichen, fragte er die beiden Titanenbrüder Epimetheus, ‹den danach Denkenden›, und Prometheus, ‹den voraus Denkenden›. Epimetheus war begeistert und wollte die Aufgabe unbedingt übernehmen. Er begann, alle Geschöpfe der Erde zu erschaffen, indem er jedem sorgfältig eine besondere Gabe zuwies, sodass jede Art ihre Schwächen durch ihre Begabungen ausgeglichen sah und sich so in ein harmonisches Ganzes, einen Kosmos, ein ausgewogenes ‹Ökosystem› einfügte. Als Prometheus das Werk seines Bruders besichtigte, stellte er fest, dass dieser vergessen hatte, den Menschen mit einer Gabe auszustatten. Nun hatte Epimetheus bereits alle Gaben verteilt. So blieb für die Menschen nichts mehr übrig und sie standen mittellos innerhalb der Schöpfung. Um diese Situation zu lösen und der Menschheit die Existenz zu ermöglichen, stahl Prometheus den Göttern das Feuer, um es den Menschen zu überlassen, und mit dem Feuer die Technik und die Künste. Als eine der Strafen für diese rebellische Tat schufen die Götter Pandora, ‹die mit allen Gaben›, eine Frau von unvergleichlicher Schönheit, und schickten sie zu den Menschen. Pandora trug eine Büchse mit geheimem Inhalt, die nicht geöffnet werden durfte. Doch die Neugier siegte und die Büchse, die von Pandora geöffnet wurde, ließ alles Übel und Elend auf den Menschen herausströmen. Nur die Hoffnung blieb in der hastig wieder verschlossenen Büchse zurück.
Dieser hier skizzierte Mythos enthält alle wichtigen Bausteine zur Problematik der Beziehung zwischen Mensch, Natur und Technik. Mit Epitheme taucht das Bild eines harmonischen, natürlichen Ökosystems auf, aus dem der Mensch jedoch wie ausgeschlossen bleibt. Nur Prometheus kann dem Menschen einen Platz schaffen, indem er das Feuer, die Technik und die Künste bringt, die den Ursprung für die Entstehung von Zivilisationen innerhalb der natürlichen Welt bilden. Zivilisationen sind Ausdruck der Umgestaltung, aber auch der Zerstörung der Natur. Und der Mensch, der zunächst keine Gaben hatte, wird schließlich von der wunderbaren Pandora begleitet, die alle Gaben hat, aber auch alles Übel und Elend herauslässt – dieses Übel und dieses Elend, die mit der Technisierung einhergehen und die für die moderne Menschheit heute mehr denn je sichtbar sind.
Die gegenwärtige ökologische Frage artikuliert sich im Allgemeinen in unserer Beziehung – als Menschen – zu Technik und Natur. Natur, Mensch und Technik scheinen voneinander getrennt zu sein, wie in einem Konflikt auf Leben und Tod verstrickt. Im Lichte des Prometheus-Mythos können wir jedoch annehmen, dass die Technik, die uns oft unmenschlich und befremdend erscheint, genau das ist, was den Menschen am meisten ausmacht. Die Technik ist dem Menschen immanent. Die Frage der Technik ist also keine nebensächliche, zufällige Frage: Sie ist eine zentrale metaphysische Frage für den Menschen, die sogar eine kosmische Dimension aufweist.
Bewusstsein und Technik
Das Bild der beiden Titanen, von denen der eine auf die Vergangenheit gerichtet ist – den Danachdenkenden – und der andere auf die Zukunft – der Vorausdenkenden –, spiegelt sich in zwei Seiten der Beziehung des Menschen zur Welt wieder, die in den Begriffen ‹Episteme› und ‹Techne› zum Ausdruck kommen. Diese beiden Begriffe der antiken Philosophie haben im Laufe der Zeit unterschiedliche Definitionen erhalten und überlappen sich zum Teil: In beiden Fällen handelt es sich um Wissenschaft. Es ist jedoch interessant, zwischen einem theoretischen Wissen, das die existierende Welt, den Kosmos, widerspiegelt, und einem praktischen Wissen, das auf die Veränderung der Welt, ihre Transformation, ausgerichtet ist, zu unterscheiden. In diesem Sinne, wenn es nur ‹Episteme› gäbe, hätte der Mensch keinen Raum für Freiheit und Kreation, da er in einer völlig vorbestimmten Welt leben würde. ‹Techne› hingegen eröffnet als ‹Können› so etwas wie einen Bruch innerhalb der gegebenen Welt, einen Raum für Freiheit und Kreation. ‹Techne› ermöglicht dann die sogenannte ‹Poiesis›: etwas vom Nicht-Sein zum Sein zu bringen. Durch ‹Techne› eröffnet sich somit ein Raum des Möglichen, der wie ein in die Zukunft offener dunkler Abgrund alle denkbaren Versprechungen, aber auch Unheil enthalten kann. Aus dieser Öffnung in der Wirklichkeit entstehen alle künstlerischen, kulturellen, politischen, praktischen Kreationen – also die Zivilisationen.
Die Technik ist so alt wie die Menschheit. Als das philosophische Denken in der Antike aufkam, erschienen die ersten technischen Abhandlungen, wie die von Archimedes oder Heron von Alexandria zum Beispiel. In dieser Zeit tauchen allmählich die ersten Maschinen auf. Die Ingenieure in Alexandria entwickelten bereits Vorläufer des Kolbenmotors. Die ‹Maschine von Antikythera›, die ungefähr aus dem zweiten Jahrhundert v. Chr. stammt und Anfang des 20. Jahrhunderts entdeckt wurde, ist ein weiteres ausgezeichnetes Beispiel dieser Epoche. Diese Maschine entpuppte sich Anfang des 21. Jahrhunderts als ein Mechanismus, der aus einem hochentwickelten Getriebe bestand, um die Bewegungen des Kosmos nachzubilden, sodass die Position der Gestirne vorhergesagt werden konnte. Sie wird als der erste Analogrechner angesehen. Ein ‹antiker Computer›, dessen Prinzip noch darin bestand, den Kosmos zu reflektieren.
Mit der Moderne, mit dem cartesianischen «Ich denke, also bin ich», trennte sich das menschliche Bewusstsein vollständig von der lebendigen Natur, um wirklich selbständig zu werden. Zu diesem Zeitpunkt erlebte das Prinzip des Automatismus, das der Maschine, einen beispiellosen Aufschwung. Eine ganze Welt von zunehmend automatisierten, in sich geschlossenen und selbständigen Systemen entstand, wie ein Spiegelbild des geschlossenen und in sich selbst begründeten menschlichen Bewusstseins. Aus diesem modernen Bewusstsein, das von den Göttern, dem Kosmos und der Natur abgeschnitten ist, wird eine Technik hervorgehen, die nach unten gerichtet ist. Nicht nur auf die Erde, sondern sogar auf das, was sich unter der Erdoberfläche befindet – von Erzen über Kohle und Öl bis hin zur Welt der Elektrizität, des Magnetismus und der Atomkräfte –, auf den Untergrund, den wir, weil er unter der sichtbaren Natur liegt, als ‹Unternatur› bezeichnen können. Innerhalb dieser ‹Unternatur› befinden sich auch die Milliarden von Prozessoren und elektronischen Aktivitäten, durch die wir im Internet und in der gesamten virtuellen Welt surfen. In dieser unternatürlichen Welt entsteht heute eine neue Form der autonomen Maschine, die wir ‹künstliche Intelligenz› nennen. Das Besondere an ihr ist, dass sie nicht mehr nur ein programmierter Automatismus ist, sondern dass sie selbst ihre Operationsstrategien entwickelt und uns auf eine neue Stufe der Bewusstseinsentwicklung hinweist – etwas, das sich dem Konzept der ‹Autopoiesis› annähert: die Selbsterschaffung. Technische Innovationen spiegeln somit das menschliche Bewusstsein und sein Streben, ein autonomes Wesen zu schaffen, eine Art neues menschliches Wesen, ähnlich dem Homunkulus in Goethes ‹Faust›1, der eine zentrale Rolle in Fausts spiritueller Entwicklung spielen wird.
Der Pharmakon
Laut dem Technikphilosophen Bernard Stiegler (1952–2020) soll die Technik als ‹Pharmakon› betrachtet werden. Diesen Begriff entlehnt Stiegler aus der griechischen Antike und bezeichnet damit ein Medium, das sowohl Gift als auch Medizin sein kann. Das toxische Potenzial der Technik ist vor allem aus der modernen Geschichte gut bekannt. Technik, die prinzipiell in die Umgebung eingreift, bedeutet auch eine Zerstörung der Natur. Aber sie ist auch der Haupthebel der sozialen Unterdrückung, wie Marx schon erkannt hatte. Indem sie die Macht des Menschen steigert, verstärkt sie auch das, was in ihm egoistisch und zerstörerisch sein kann. Bestimmte Bevölkerungsgruppen können sie ausnutzen, um Macht über den Rest der Menschen zu erlangen. Inwiefern hat die Technik auch die Eigenschaften eines Heilmittels? Wo ist ihr heilendes Potenzial zu finden?
Die Fortschritte in der modernen Medizin lassen zweifellos einen wichtigen Aspekt der therapeutischen Dimension der Technik erkennen. In der Landwirtschaft und bei allem, was den Menschen vor den Launen der Natur, vor Elend, Krankheit und Tod schützt, spielt die Technik eine zentrale Rolle. Wie im Mythos von Prometheus beschrieben, ist es die Technik, die es dem Menschen ermöglicht, in der natürlichen Welt zu überleben. Doch abgesehen von einer einfachen Krücke, welches Versprechen macht uns die Technik?
Bernard Stiegler stellt fest, dass das Geistesleben immer in einem technischen Kontext entsteht. In der Tat entwickelt der Mensch seine geistigen Fähigkeiten durch die zivilisatorische Ausrichtung: Der Tempel, das Buch, das Musikinstrument sind technische Objekte. Stiegler sieht im technischen Werk die eigentliche Manifestation des menschlichen Geistes. Doch im Zeitalter der modernen Kulturindustrie werden insbesondere die Technologien des Geistes von den Mächten der kapitalistischen Wirtschaft in Geiselhaft genommen, vor allem durch die Massenmedien. Hinzu kommt der Einfluss der Nationalstaaten, die ebenfalls über mächtige technische Hebel verfügen, um das Geistesleben zu steuern. Stiegler hat sein ganzes Leben lang nach Lösungen gesucht, um die Technologien des Geistes von diesen Einflüssen zu befreien und technische Räume zu schaffen, die ein freies Geistesleben fördern könnten. Aus seiner Sicht können technische Innovationen, insbesondere digitale Technologien, zu einem Hilfsmittel für eine zukünftige brüderliche Wirtschaft werden, die sich unter anderem auf ein Grundeinkommen stützt, aber auch Werkzeuge für die Unterstützung eines freies Geisteslebens bilden kann. Die Technik wird hier zu einem potenziellen ‹Pharmakon› für die soziale Entwicklung. In einem Interview mit der Zeitung ‹Socialter› erklärte Stiegler 2017: «Im Anthropozän muss das Geistesleben wieder auferstehen!»2 Seiner Meinung nach geht es vor allem darum, die «Entropie» zu überwinden, also die Todesprozesse, die die heutige Zivilisation beherrschen, um das Zeitalter der sogenannte «Negentropie» zu erreichen, also ein Zeitalter, in dem der Mensch kreative Kräfte entwickeln wird, die diese Todeskräfte überwinden können.
Die Technik als Erlösung
Auch bei den meisten transhumanistischen Auffassungen geht es darum, Erlösung in der Technik zu finden. Eine der bekanntesten Ideen des Transhumanismus ist die des ‹Mind uploading›. Sie prophezeit, dass die sich exponentiell entwickelnde Computertechnik bald in der Lage sein wird, den menschlichen Geist in einen Computer zu laden, damit er dort sein Leben fortsetzen kann – also den Tod überwindet. Mag diese Idee auch weit hergeholt erscheinen: Die jüngsten exponentiellen Entwicklungen bei der Rechenleistung und der künstlichen Intelligenz lassen jedoch gewisse Möglichkeiten in diese Richtung erahnen. Unsterblichkeit im Mikroprozessor anzustreben, bedeutet aber nicht, einen vergänglichen Körper mit einem anderen vergänglichen Körper zu ersetzen? Könnte die Verschmelzung des menschlichen Geistes mit Mikroprozessoren nicht zu einer neuen Art der Mumifizierung werden? Das Streben dahinter bleibt allerdings die Überwindung von Krankheit und Tod. Auch im Christentum lebt die Idee des Triumphs über den Tod, aber traditionell geschieht diese Erlösung aus Gnade, ist also nicht menschengemacht.
Es gibt aber eine andere Strömung, die manchmal als Vorläufer des westlichen Transhumanismus angesehen wird. Sie stellt eine Art Kombination aus orthodoxem Christentum und Transhumanismus dar. Diese Denkrichtung, später ‹Kosmismus› genannt, wurde von einem unauffälligen Moskauer Bibliothekar namens Fjodorow (1829-1903) im späten 19. Jahrhundert eingeleitet. Seine Philosophie, die ‹Philosophie des gemeinsamen Werkes›, klingt für die heutigen Leser sehr exotisch. An manchen Stellen erscheint sie archaisch und an anderen Stellen hochaktuell, wenn nicht sogar zukunftsweisend.
In den Mittelpunkt seiner Überlegungen stellt Fjodorow die gesamte Menschheit. Er will die große Bruderschaft der Menschheit wiederfinden. Er hat gegenüber der westlichen Technologie, die damals gerade in Russland ankommt, große Bedenken. Er betrachtet sie als zerstörerisch für die Natur und das sozial-spirituelle Leben. Er sieht ein, dass die egoistische Aneignung von Technik für reine kapitalistische Ziele die Macht einiger weniger über alle anderen stärkt. Für ihn kann nur eine Technik, die aus dem Geist der menschlichen Brüderlichkeit hervorgeht, eine ‹gute› sein. Technische Innovationen sollten als ‹Gemeingut›, als ‹gemeinsames Werk› betrachtet werden. Die Technik sollte nicht nur das Leben der Menschen, insbesondere der Arbeiter und Bauern, erleichtern, sondern auch die «blinde Kraft der Natur», wie er sie nennt, auf eine höhere Bewusstseinsebene heben. Die Mission der Menschheit sei es, die Erde umzugestalten und den gesamten Kosmos zu bevölkern, um ihn zu vermenschlichen und mit Bewusstsein zu bewohnen.
Fjodorow wurde von der großen Hungersnot im Jahr 1891 geprägt, die durch eine außergewöhnliche Dürre in Südrussland verursacht wurde und Tausende von Menschenleben forderte. Zur selben Zeit erreichte ihn die Nachricht, dass es den Amerikanern gelungen war, Regen herbeizuführen, indem sie mit Artilleriegeschützen auf Wolken schossen. Er empfand diese Nachricht wie eine Offenbarung: Zerstörerische Technologie konnte umgelenkt werden, um das Klima zu beeinflussen und Leben zu fördern. Es wurde ihm klar, dass wir lernen müssen, Klima und atmosphärische Strömungen für das Gemeinwohl zu steuern. Seine Obsession für die Beherrschung des Klimas und die Verwendung von Wind- und Sonnenenergie erscheint überraschend aktuell. Gegenüber den Kräften, die aus dem Untergrund geschöpft werden – und die seiner Meinung nach soziale Unterdrückung verursachen –, bevorzugt Fjodorow die Kräfte, die aus dem Himmel, aus dem Kosmos kommen. Über die Erdatmosphäre hinaus weitet er seine Vision auf den Kosmos aus und plädiert für eine «Umwandlung des Sonnensystems in eine Wirtschaft», insbesondere wenn es um die Landwirtschaft geht, weil er Landwirtschaft eng mit dem Sonnensystem verbunden sieht.
Einerseits schildert Fjodorow eine hochtechnisierte Menschheit, die in der Lage ist, das Klima zu beherrschen, ihre Energie aus dem Sonnensystem zu beziehen und sogar den Kosmos zu bevölkern, andererseits räumt er dem traditionellen, natürlichen Dorfleben, der Spiritualität und dem Bauerntum einen wesentlichen Platz ein. Die Beziehung zwischen Natur, Mensch und Technik wird vollständig von einem spirituellen Ideal bestimmt, das Technik als Vehikel für die spirituelle Verwirklichung betrachtet. Für Vertreter des traditionellen Christentums ist diese Anschauung nicht akzeptabel: Man dürfe in Gottes Schöpfung nicht derart eingreifen. Jedoch versteht Fjodorow sein Großprojekt als echte christliche Aufgabe: Der Schöpfer hat alles in die Hände des Menschen gelegt. Der Mensch hat die volle Verantwortung bekommen. Die Erlösung der Welt – und insbesondere die Auferstehung der Toten – darf nicht nur als Gnade von oben erwartet werden, sondern muss vom Menschen, sprich durch die Technik, verwirklicht werden.
In einem Kommentar zu den berühmten Wort aus dem letzten Akt von Goethes ‹Faust 2›: «Nur der verdient sich Freiheit wie das Leben, / Der täglich sie erobern muss.», fasst er seine Gedanken wie folgt zusammen: «Wenn wir diese Aussage [von Faust] wörtlich nehmen, wenn es wirklich das Leben ist, das man erwirbt, nicht nur die Mittel um das Leben zu unterstützen, nicht eine intellektuelle Freiheit, sondern eine wirkliche Freiheit, dann wird die Persönlichkeit gigantische Dimensionen, eine kolossale Form annehmen. Er ist noch der Kunde der Erde, der Sonne, seiner Vorfahren, er ist des Lebens und der Freiheit noch nicht würdig, derjenige, der in seinem Organismus nicht die gesamte Geschichte des irdischen Planeten und des Sonnensystems neu erschaffen hat. Wer auch nur eine kleine Zelle übrig hat, die nicht durch seine Arbeit aufgebaut wurde, ist noch nicht frei, er kann das Leben nicht als sein eigenes bezeichnen, er ist noch nicht mit seinen Vätern quitt. Die menschliche Spezies muss den embryologischen Prozess, dieses genealogische Handbuch, das jeder im Mutterschoß durchlaufen hat, in eine umständliche Geschichte verwandeln, und zwar nicht nur in eine Vorstellung, sondern in die Realität.Die Menschen, die sich in Mikrokosmen der Erde und des Sonnensystems verwandeln, werden auch die Erde und das ganze System in einen neuen Himmel und eine neue, vom Bewusstsein bewohnte Erde verwandeln.»3 So müssen Menschenkörper und Natur vollständig umgewandelt werden und alle Verstorbenen sollten «physisch» auferweckt werden. Im Gegensatz zu den Transhumanisten richtet Fjodorow seinen Blick allerdings nicht auf die Unternatur, sondern auf den Kosmos.
Trotz seiner Einzigartigkeit und seiner Unauffälligkeit beeinflusste Fjodorow das intellektuelle Leben Russlands. Persönlichkeiten wie Leo Tolstoi oder der Philosoph Vladimir Solovjev, die mit ihm in Kontakt standen, wurden von ihm stark beeindruckt. Solovjev schreibt in einem Brief an ihm: «Ich akzeptiere Ihr Projekt bedingungslos […]. Ich habe Ihnen viel zu sagen. Aber vorerst will ich nur sagen, dass Ihr ‹Projekt› seit dem Aufkommen des Christentums der erste Schritt des menschlichen Geistes auf dem Weg Christi ist. Was mich betrifft, so kann ich in Ihnen nur meinen Lehrer und geistigen Vater erkennen.»4 Tolstoi bleibt zurückhaltend, zeigt sich jedoch sehr interessiert und schreibt über ihn, dass er «das reinste christliche Leben führt», «immer fröhlich und sanftmütig» ist.
Den Kosmos erforschen
Fjodorows Philosophie des gemeinsamen Werkes inspirierte diverse Persönlichkeiten, wie zum Beispiel den Wissenschaftler Konstantin Ziolkowski (1857-1935), der als Vater der modernen Kosmonautik gilt. Ziolkowski, eine originelle, von seiner frühen Taubheit geprägte Figur, pflegte eine von Fjodorow inspirierte spirituelle – panpsychische – und kosmistische Auffassung. Er verbrachte sein Leben damit, darüber nachzudenken, wie der Mensch den Weltraum erreichen könne. Er führte zahlreiche Berechnungen durch und entwarf Systeme mit dem Ziel, den Weltraum zu erobern. Obwohl er nicht in der Lage war, seine Pläne zu verwirklichen, erwiesen sich seine Ideen und Forschungen als von nachhaltiger Gültigkeit. Die Gleichung, die noch seinen Namen trägt, ist bis heute die Grundlage der Kosmonautik: Sie prognostiziert die Flugbahn von Raketen im Weltraum. Der weltweit bekannte Unternehmer Elon Musk, der durch seine Aktivitäten in diesem Bereich den Vorläufer der Raumfahrt und dessen Gleichungen gut kennt, zitiert Ziolkowski gerne: «Die Erde ist die Wiege der Menschheit, aber man verbringt nicht sein ganzes Leben in einer Wiege.»5
Ein weiterer bekannter Kosmist war der ukrainische Mineraloge und Chemiker Vladimir Wernadski (1863-1945). Wernadski entwickelte die Idee der ‹Biosphäre›, die dem ‹Lebendigen› den Status einer geologischen Kraft verleiht und ihm einen kosmischen Ursprung zuschreibt. «Die Biosphäre ist ebenso sehr (wenn nicht mehr) die Schöpfung der Sonne wie die Manifestation irdischer Prozesse. Die alten religiösen Intuitionen der Menschheit, die die irdischen Geschöpfe, insbesondere die Menschen, als Kinder der Sonne betrachteten, waren der Wahrheit viel näher, als diejenigen glauben, die in den irdischen Wesen nur die vergängliche Schöpfung, das blinde und zufällige Spiel der Veränderung der Materie und der irdischen Kräfte sehen.»6 Er definiert auch andere geologische Schichten, wie die ‹Technosphäre›, das Ergebnis der menschlichen technischen Aktivität, und die ‹Noosphäre›, die Sphäre des menschlichen Denkens, die ebenfalls einen geologischen Status haben, da sie die Zukunft der Erde beeinflussen. Wernadskis Denken wird eine Grundlage für das ökologische Denken bilden. Die Biologin Lynn Margulis, eine der Befürworterinnen der ‹Gaia-Theorie›, sagte über ihn: «Wernadski tut für den Raum das, was Darwin für die Zeit getan hat: Während Darwin zeigte, dass alles Leben von einem entfernten Vorfahren abstammt, zeigte Wernadski, dass alles Leben aus einem einzigen Material stammt, der Biosphäre.»7 Und für Wernadski war diese Biosphäre eng mit dem Sonnenleben verbunden.
Hier müssen wir noch Alexander Tschischewski (1897-1964) erwähnen, der ebenfalls dem Kosmismus folgte und eine neue wissenschaftliche Disziplin begründete: die Heliobiologie. Im Zuge der Fortsetzung der kosmischen Ideen interessierte er sich besonders für die Sonne und stellte fest, dass sie ein rhythmisches Leben hat, was wissenschaftlich nachgewiesen werden kann. Er untersuchte den Einfluss dieser Rhythmen auf irdische Phänomene wie beispielsweise Epidemien. Die Heliobiologie studiert also die Sonne als ein Lebewesen. In Tschischewskis Denken ist klar, dass das Leben als ein Prozess kosmischen Ursprungs zu sehen ist: «Wir pflegen einen primären, engen, antiphilosophischen Blick auf das Leben zu werfen, als ob es das Ergebnis des blinden Spiels ausschließlich irdischer Kräfte wäre. Das ist natürlich nicht der Fall. Denn das Leben ist eine weitaus kosmischere als eine irdische Erscheinung. Es ist das Ergebnis der schöpferischen Dynamik des Kosmos in seiner Wirkung auf das leblose Material der Erde. Es lebt von der Dynamik dieser Kräfte, und jeder Schlag des organischen Pulses korreliert mit dem Schlag des kosmischen Herzens, dieser großartigen Ansammlung von Nebeln, Sternen, der Sonne und den Planeten.»8 Aus der Heliobiologie haben sich Forschungsdisziplinen entwickelt, die sich mit dem Weltraumwetter befassen. Neben der Grundlagenforschung zu kosmischer Strahlung, Sonnenwinden und anderen Phänomenen des Weltraums findet dieses Forschungsgebiet auch praktische Anwendung in der Kosmonautik. Die Weltraumwetterforscherin Tatjana Podkladtschikova erklärt, dass ihre Arbeit darin besteht, «die Launen der Sonne zu studieren».
Der Kosmismus nahm also einen wichtigen Platz am Anfang der gesamten Kosmonautik ein, die in der Geschichte des 20. Jahrhunderts mit dem Wettstreit zwischen der Sowjetunion und den USA eine zentrale Rolle spielen sollte. Die Idee des Wettbewerbs sowie die Kriegstechnologien sind jedoch per se von der kosmischen Philosophie ausgeschlossen, da diese die Technik nur als Mittel zur Förderung von Geschwisterlichkeit begreift. Die Bolschewisten, die in der Folge an die Macht kamen, verfolgten die Kosmisten – diese Philosophie war ihnen zu spirituell. Der Impuls des Blicks auf den Kosmos blieb dennoch wie eine Flutwelle präsent und wurde sozusagen von den Machthabern in einer materialistischen Form vereinnahmt: Der Wettbewerb mit den USA im Weltraum wurde zu einem Herrschaftsspiel. Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion und dem Wiederaufleben aller spirituellen Ideen in Russland wurde das Interesse am Kosmismus wieder geweckt. Heute wird er als Teil der russischen philosophischen, wissenschaftlichen und spirituellen Kultur betrachtet. Auch interessant zu sehen ist, wie Elon Musk, der aus Südafrika in die USA eingewandert ist, um seine Pläne für Solarenergie, universellen Internetzugang und ‹multiplanetares Leben› zu verwirklichen, sich zumindest teilweise von dieser Philosophie inspirieren zu lassen scheint. Es geht hier nicht darum, die Gültigkeit des Kosmismus oder die Pertinenz der Unternehmen von Elon Musk zu diskutieren, sondern darum, auf oftmals verkannte Zusammenhänge hinzuweisen.
Die Begegnung mit dem Tod
In der christlichen Bildersprache, wurde die Menschheit aus dem Paradies vertrieben und verlor den Lebensbaum, weil von der Frucht des Erkenntnisbaums gegessen wurde. Die Menschheit betrat das Reich des Leidens, der Krankheit und des Todes. Zur Beschreibung dieses Zustands, erzählt die alte persische Mythologie, dass die Menschheit auf der Erde im Reich von Ahriman, dem Geist der Finsternis, lebt. Ahriman bewohnt die ganze materielle Welt, er ist der Geist des Todes und der Antipode des Sonnengeistes, Ahura Mazda. Paul Du Breuil, ein Experte des Zoroastrismus, beschreibt Ahura Mazda und Ahriman in Bezug auf den Kosmos: «Das Gute, die höchste Tugend der göttlichen Weisheit, entspricht im physischen Bereich dem Licht der Sterne und der Sonne. Es allein ermöglicht Leben und Wachstum. Die Finsternis wird mit dem Bösen identifiziert [Ahriman], nicht nur als Abwesenheit von Licht, die das Leben unterdrückt und ewige Kälte erzeugt, sondern als Ablehnung des Lichts. Durch diesen negativen Akt wird die Finsternis des Bösen zu einer hartnäckigen Dunkelheit, die zu absoluter Kälte führt, was wiederum zu einer spirituellen Vereisung, dem Erfrieren der Seele, führt. […] Obwohl Ahura Mazda die Elemente der physischen Schöpfung übersteigt, bleibt er der Pol des wesentlichen Lichts, […] manifestiert durch das Urfeuer, das das blitzende Licht ist, das ganz metaphysisch ist, aber den himmlischen Erleuchtungen der Sonnenfeuer vorausgeht und sie hervorbringt.»9 Hier taucht auch das Motiv einer Geistigkeit auf, die vom Kosmos und insbesondere von der Sonne ausgeht, während das rein materielle Element von den kalten Kräften des Todes bewohnt wird.
Indem die Menschheit sich selbständig machte und sich immer mehr auf das Materielle in der Welt ausrichtete, näherte sie sich diesem Reich des Todes. Die moderne Technik – die aus dem repräsentativen, objektiven Denken entstanden ist, das vom Erleben der Natur abgetrennt ist – erfasst und gestaltet das Mechanische und verbindet sich notwendigerweise mit diesem toten Element. So wird der Raum des Möglichen, den die Techne für die menschliche Realität eröffnet, zu dem Raum, in dem die Menschheit dem kalten Geist des Todes und der Mechanik begegnet. Die Technik selbst ist nicht dieser Geist, aber sie öffnet ihm den Raum und arbeitet mit ihm. Rudolf Steiner, der diese ahrimanischen Kräfte in unserer Zeit immer wieder beschrieb, drückte sich in einem Vortrag von 1915 in Berlin folgendermaßen aus: «Ahrimanisches wirkt eben durchaus überall in unserer Zeit. Nicht auflehnen können wir uns dagegen, nicht kritisieren können wir es, nicht davor schützen sollen wir uns wollen, sondern es als eine Notwendigkeit unserer Zeit ansehen, als etwas, was da sein muss in unserer Zeit.» Und er fährt weiter fort: «In unserem Zeitalter handelt es sich darum, dass wir vor allem die Notwendigkeit des Gekettetseins an Ahriman, an Ahrimanisches, das wir selber in unseren Mechanismen erzeugen, und die Notwendigkeit, diese Zusammenhänge richtig erkennen; denn sonst leben wir in Furcht vor vielem, was in unserem Zeitalter vorhanden ist.»10 Wenn er sich diesem Bereich jedoch rücksichtlos hingibt, läuft der Mensch Gefahr, sich immer mehr zu isolieren, sich von den Zyklen des Lebens und des Kosmos definitiv abzuschneiden und in eine Welt ohne Himmel gesogen zu werden, in der Gefangenschaft der Unternatur zu versinken, wie es die berühmte Dystopie der Filmtriologie ‹Matrix› schildert. Diese Tendenz, die menschliche Seele in die Unterwelt der Mikroprozessoren herunterzuziehen, steht erst am Anfang und wird sich zweifellos noch steigern. Sind aber auch andere Perspektiven möglich in der Gesellschaft dieses Geistes des Todes?
Neue Fähigkeiten
Gerade an diesem Ort findet eine entscheidende Begegnung statt. Denn durch den Kontakt mit der kalten Maschine erlangt der Mensch neue Fähigkeiten. «Die kalte Technik gibt dem Menschendenken ein Gepräge, das in die Freiheit führt. Zwischen Hebeln, Rädern und Motoren lebt nur ein toter Geist; aber in diesem Totenreich erwacht die freie Menschenseele. Sie muss den Geist in sich erwecken, der vorher nur mehr oder weniger träumte, als er noch die Natur beseelte. Aus dem träumenden wird waches Denken an der Kälte der Maschine.» So Steiner in einem Artikel von 1922.11 Hier spielt sich eine Reifung der Menschenseele ab. Wir können noch weitere aufkommende Qualitäten beobachten, zum Beispiel eine moralische Reifung, die mit dem Erscheinen der Atombombe entstand: ein neues Bewusstsein der gemeinsamen Verantwortung für Menschheit und Erde. Oder man beobachtet, so paradox es auch klingen mag, als Gegenwirkung des Lebens in virtuellen Welten, eine potenzielle Intensivierung der Beziehung zu den Sinneswahrnehmungen, zu Natur und Kosmos.
Gerade in dieser aufkommenden technischen Umgebung ist Anthroposophie entstanden. Gerade hier, aus dieser neuen inneren Freiheit, kann der Mensch in sich selbst Kräfte entdecken, die es ihm ermöglichen, sein Bewusstsein auf die geistig-kosmische Dimension auszudehnen – eine Art Brüderlichkeit, eine Intimität mit dem Kosmos zu entwickeln. Er kann seine Erkenntnis über das bloße spiegelnde, repräsentative Erkennen hinaus entwickeln und über das mechanische Element bis hin zum aktiven, lebendigen, seelischen Element der Welt ausdehnen. Ist die Erde bloß eine Maschine? Ist die Sonne ein seelenloses Kernkraftwerk? Oder können Sonne sowie Erde als lebendig und beseelt wahrgenommen werden? Dies verlangt einen selbstlosen Erkenntnisansatz, eine im Sinne Hartmut Rosas auf «Resonanz» basierende Erkenntnis. Dann läuft die menschliche Seele nicht mehr Gefahr, von der Maschine «eingefroren» zu werden. Der menschliche Geist verwandelt dann die mechanische Welt und gestaltet die technischen Produkte künstlerisch im Sinne einer Befreiung. Auf diesem Weg kann die Technik in der Resonanz mit dem Lebendigen gestaltet werden, nicht in einer epimetheischen ‹Rückkehr zur Natur›, sondern in einem prometheischen, zivilisatorischen, weltverändernden Sinn eines ‹gemeinsamen Werkes›. So kann eine hochtechnische Zivilisation erahnt werden, die in Harmonie mit den Sonnenkräften des Lebendigen schwingen könnte.
Die Erlösung Ahrimans
Angenommen, es ensteht ein neues Maschinenreich, eine Technosphäre, die den gesamten Globus allmählich erobert und sich bis auf das Sonnensystem ausdehnt, wird die Beziehung zwischen Mensch und Maschine eine langfristige sein. «Die Zusammenschmiedung des Menschenwesens mit dem maschinellen Wesen, das wird für den Rest der Erdenentwickelung ein großes, bedeutsames Problem sein»12, sagt Steiner in einem Vortrag aus dem Jahre 1917. Und: «Diese Dinge sollten nicht so behandelt werden, als ob sie bekämpft werden müssten. Das ist eine völlig falsche Sichtweise. Diese Dinge werden nicht ausbleiben, sie werden kommen. Es ist nur die Frage, ob sie im Verlauf der Weltgeschichte von Personen inszeniert werden, die die großen Ziele des irdischen Werdens selbstlos kennen und diese Dinge zum Heil der Menschen gestalten, oder ob sie von Personengruppen inszeniert werden, die diese Dinge nur in einem egoistischen oder gruppenegoistischen Sinn ausnutzen.»13
Maschine, technische Lösungen – inklusive sozialpolitische Formen – nehmen nicht die gleiche Gestalt an, je nachdem, ob sie aus egoistischen, kurzfristigen Impulsen oder aus einer gemeinnützigen, menschenfreundlichen, langfristigen Perspektive heraus entwickelt werden. Mit einem gewissen ästhetischen Sinn können viele Unterschiede in der technischen Welt wahrgenommen werden. Technik ist Kunst. Die Technosphäre bietet eine Vielzahl von technischen Formen und Ausgestaltungen, für die man empfänglich werden kann. Nicht um ideologische Klassifizierungen handelt es sich, sondern um eine Empfindsamkeit, einen inneren Sinn, den es zu schulen gilt. Kriegsmaschinen, obwohl aus einer Form von Notwendigkeit entstanden, können als eine Art Archaismus empfunden werden – ein Gegenpol zu Maschinen, die von einer freien, brüderlich-menschheitlichen Vision geprägt sind. Mit der sozial-ethischen Reifung der Menschheit können aller Art technische Lösungen entstehen, die in der Lage sind, Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit zu fördern, mit dem Lebendigen zu harmonieren, sogar Leben zu erzeugen, die «unbewusste Kraft der Natur» zu erhöhen und vielleicht, im Sinne des Kosmismus, den Kosmos zu einer höheren Stufe der Existenz zu erheben.
Die Gefahr kommt somit weder von der Technik noch von den Maschinen noch von Ahriman. Sie liegt in erster Linie darin, dass nicht genügend Menschen mit einer selbstlosen spirituellen Sichtweise die technische Entwicklung lenken und gestalten. Die Trennung zwischen spirituellen und technischen Menschen ist sicherlich die größte Gefahr für die zukünftige Entwicklung. Damit sich die Technik in einem menschlichen Sinne entwickeln kann, damit sie mit den spirituellen Bedürfnissen des Menschen und den Kräften des Kosmos verbunden werden kann, ist es notwendig, dass diejenigen, die diese Verbindungen zur spirituellen und kosmischen Dimension pflegen, bis in die technische Welt hineinwirken, um an ihrer Entwicklung teilzunehmen und mitzuwirken. Und da die Technik immer eine kollektive, menschheitliche Schöpfung ist, bedeutet dies, in der technischen Kultur seiner Zeit zu leben, zu arbeiten und sie mitzugestalten.
Wie Faust, der gegen die blinde Kraft der Natur ein freies Land für eine freie Menschheit errichten will, verwandelt der Mensch sich selbst, indem er die Welt verwandelt. Und wenn dies ein Lernprozess ist, bei dem der Mensch durch den Kontakt mit den mechanischen Kräften des Todes lernt, frei zu werden und neues Leben zu erzeugen, können wir uns auch die Frage stellen: Könnte es sein, dass dieser Geist des Todes und der kalten Mechanik, den wir Ahriman genannt haben, in diesem Prozess ebenfalls etwas durchlebt? Könnte es sein, dass Ahriman und der Mensch durch diese prometheische Begegnung voneinander lernen? Dass dieser dunkle Geist, der in seiner eigenen Kälte, in seinem eigenen Schmerz, seiner eigenen Starre eingeschlossen, von den Lebenskräften abgeschnitten und aus der Evolution verbannt wurde, einen neuen Platz in dieser Evolution finden könnte, wenn die geisttragenden Menschen nicht voller Angst zurückweichen, sondern mutig ihre zivilisatorische Aufgabe ergreifen?
Footnotes
- Goethe, Faust 2, 2. Akt.
- Sébastien Claeys, Florent Trocquenet-Lopez, Bernard Stiegler: Dans l’Anthropocène, la vie de l’esprit doit ressusciter, in ‹Socialter›, 7. August 2020.
- Nikolai Fjodorow, La philosophie de l’oeuvre commune, SYRTES-Verlag.
- aus Nikolai Fiodorov, What Was Man Created For? The Philosophy of the Common Task›. Hyperion Books 1990.
- Brief an Kaluga, 1911.
- Wladimir Wernadski, La biosphère. Seuil 2002
- George S. Levit, Biogeochemistry – Biosphere – Noosphere: The Growth of the Theoretical System of Vladimir Ivanovich Wernadski. In Studien zur Theorie der Biologie, Bd. 4.
- L. V. Golovanov, Alexander Tschitschewski, in F. Lesourd (Hrsg.), Dictionnaire de la philosophie russe. L’Age d’Homme, Lausanne 2010, S. 853–855.
- Paul Du Breuil, Zarathoustra et la transfiguration du monde. Payot, Paris 1978.
- Rudolf Steiner, Berlin, 19. Januar 1915, in GA 157, 5. Vortrag.
- Rudolf Steiner, Spenglers Welthistorische Perspektiven, 13. August 1922, in GA 36, S. 84.
- Rudolf Steiner, Individuelle Geistwesen und einheitlicher Weltengrund, Dornach 25. November 1917, Dritter Vortrag, GA 178.
- Ebd.
„Das Goetheanum ist ein geistiges Ereignis“ — ebenso wie das ganze Universum eine Dichtung ist.
…und das lebendige Leben ist kein Geschenk, sondern eine Leihgabe. Der Verleiher erwartet nicht nur pfleglichen Umgang, sondern Profit.
In diesem wertvollen Artikel vermisse ich die Erwähnung des Lebenswerkes von Paul Schatz.
Dieser ernsthafte Anthroposoph hat einige wichtige Impulse Rudolf Steiners in Technik umgesetzt.
Cecy Renate de Carvalho
Arlesheim, 23. Juli 2023
„. Die Trennung zwischen spirituellen und technischen Menschen ist sicherlich die größte Gefahr für die zukünftige Entwicklung.“
An important observation.