Eine Beobachtung zu Nähe und Distanz, die sich neu arrangieren wollen. Da sollte Humor nicht fehlen.
Nach zwei Jahren ‹Zwangspause› stand diesen Sommer der erste richtige Urlaub mit der Familie wieder an. Wir alle freuten uns, endlich mal wieder weg zu sein von zu Hause. Letztes Jahr noch etwas verhalten und in Deutschland verblieben, sollte es dieses Jahr ins europäische Ausland gehen. Andere Sprache, andere Klimazone, andere Umstände in der Ferienwohnung. Platz würden wir uns teilen müssen, aber mein Gott, das würde schon gehen.
Zur Vorbereitung fragte ich mich, welches Material ich mir seelisch um mich herum vorstellen könnte, um ein wenig abgepolstert zu sein, welche Hülle ich bräuchte, wenn die verschiedenen Anliegen der Mitreisenden (so ziemlich permanent, weil Kinder) an mich gerichtet werden würden. Ich wollte gern alle Bedürfnisse, Zerwürfnisse, Zwiste und Wünsche gut wahrnehmen können, es schaffen, fair und liebevoll damit umzugehen, ohne mich selbst außer Acht zu lassen. Ich wollte auch meiner nervösen Tendenz vorbeugen. Welch ein Vorhaben! Also betrieb ich Materialkunde. Beton? Zu fest. Seide? Zu fein. Durchlässig sollte das Material sein, also zumindest seine geistige Substanz, aber nicht zu offenporig. Auch etwas abfedernd, aber ohne einzumauern oder zu verbarrikadieren. Vielleicht Papier? Oder Bienenwaben? Es brauchte aber doch eine gewisse Härte, um mich nicht selbst ständig zu verbiegen. Kurzfristig, weil es nun schon losging, entschied ich mich für Holzwolle, in meiner Vorstellung in der Formvariante der Ökoanzünder: kleine Holzfaserknäuel, die sich um mich herum lagern, etwas die Lautstärke rausnehmen, aber doch so luft- und lichtdurchlässig sind, dass die Schönheiten der Welt und der Menschen durchscheinen.
Nach dem heftigen Streit auf etwa der Hälfte des Urlaubs, in den alle verwickelt waren, also der Katharsis, nachdem die Hitze alles hochgekocht hatte, was an Problemlagen in kühleren Zonen immer vorhanden ist, aber nicht so in Erscheinung tritt, und sich auch mit der Klimaanlage nichts mehr regulieren ließ, trennte sich der Familientrupp zum Schutze aller für einen Tag. Ich sprach also mit dem Jüngsten über jene Schutzschichten, die wir vielleicht alle brauchen, um genügend Abstand zu wahren, damit jeder genug Raum für sich haben kann, ohne den anderen zu bedrängen. Das Material seiner Wahl war eine ein Meter dicke Schicht aus Donuts.
Bild Mögliches Material für eine Schutzschicht: Donuts. Foto: Brett Jordan von unsplash