Oper Leipzig Hochschule für Musik und Theater "Felix Mendelsohn Bartholdy" Figaros toller Tag - Mozart für Operneinsteiger Inszenierung Jasmin Solfaghari Bühne Ben Baur Kostüme Vivien Waneck Es singen Studenten der Hochschule für Musik und Theater

Die aufbauenden Kräfte des ‹Figaro›

Am Wochenende vom 12. bis 14. März 2021 geht Mozarts ‹Figaro›-Oper im Goetheanum dreimal über die Bühne. Das Werk mit seiner musikalischen Substanz, den verwickelten Handlungen und Verwechslungen gilt als gelungenste und gleichzeitig unproblematischste von Mozarts großen Opern.


In diesem Werk Mozarts stehen, wenn auch unter verschiedenen Blickwinkeln, die Freundschafts- und die Liebesfähigkeit des Menschen als zentrale Werte im Mittelpunkt – also die Humanität. Man darf sich insofern auf die ‹Figaro›-Aufführungen freuen, da sie aufbauende Kräfte in den Corona-Monaten versprechen, wenn auch Politiker Kulturveranstaltungen von hohem Niveau gegenwärtig begrenzen. Hamburgs Kultursenator sagte kürzlich zu diesem Thema: «Wenn Sie sich nicht anstecken wollen, gehen Sie in die Oper oder die Elbphilharmonie, da sind Sie sicherer als zu Hause.» Und im Kulturbereich des Großraums Basel haben sich inzwischen 400 Initiativen in einem offenen Brief zu ihrer Situation an die Politiker gewendet, darunter federführend das Sinfonieorchester Basel. Ebenso in diese Reihe gehört das Goetheanum, wo es bis heute in den Kunst- und Tagungsveranstaltungen keine Ansteckung gegeben hat.

Figaro, Leipzig 2009, Foto: Tom Schulze

Opernstoff

Mozart suchte dringend nach einem neuen Libretto, hatte mehr als 100 ‹Büchlein› durchgesehen, war aber mit keinem zufrieden. Schließlich entschied er sich für die skandalträchtige französische Komödie ‹Le Mariage de Figaro› von Beaumarchais, die er auf Deutsch kannte, und bat den Italiener Lorenzo da Ponte, ein poetisches Talent mit kritischem Sinn, um ein Textbuch. Dieser sah das Verfängliche der Angelegenheit, denn Beaumarchais hatte Herrschaft und Verhalten des Adels offen kritisiert. Er entschärfte den Text und bat den Kaiser direkt um Erlaubnis. Mozart wurde zu Hof beordert, spielte und sang vor. Joseph II., selbst aktiver Kammermusiker, fand großen Gefallen und befahl die Inszenierung.

Am Hofe des Grafen Almaviva hat dessen Kammerdiener Figaro in Susanna, der Kammerzofe der Gräfin, sein Glück gefunden und will sie heiraten. Doch die Zuneigung des Grafen zu Susanna wird zum Ausgangspunkt einer vielschichtigen Verwirr- und Verwechslungskomödie, die sich schließlich im milden abendlichen Mondlicht des Schlossgartens in Verzeihen und Vergeben auflöst.

Die Ouvertüre, eines der berühmten Orchesterstücke Mozarts, ist in weiten Teilen im Tempo presto komponiert und berührt versteckt, aber im Schnelldurchgang viele Szenen der Oper. Denn Mozart komponierte seine Ouvertüren erst, wenn die ganze Oper abgeschlossen war. Das Tempo des gesamten ‹Figaro› ist schnell in der Handlung und den Verwechslungen, und hier sind es die Frauen, welche die Szene beherrschen: Susanna und die Gräfin sind stärker und geradliniger als Figaro und der Graf, und sie spielen die ganze Verwirrkomödie mit.

Mozarts drei Da-Ponte-Opern (‹Figaro›, ‹Don Giovanni›, Così fan tutte›) werden heute zumeist in der italienischen Originalsprache aufgeführt. Denn hier verbindet sich deren Vokalreichtum im Gesang ideal mit der Musik. Doch könnten mit der Originalsprache nicht Schwierigkeiten für eine Reihe von Zuhörern aus Jung und Alt auftreten?

Regie

Figaro, Leipzig 2009, Foto: Andreas Birkigt

Diese Schwierigkeit hat Jasmin Solfaghari künstlerisch geschickt gelöst und durch eine neue Figur eine Brücke gebaut: Luna − vom Mond − erläutert die komplexe Geschichte, die von Opernensemble und Orchester auf der Bühne dargestellt wird. Weit draußen am Himmel sich einsam fühlend, steigt Luna immer wieder ins Theater und zu den Zuschauern hinab und erläutert hintergründig und humorvoll das Geschehen. Solfaghari, in Teheran und Freiburg im Breisgau aufgewachsen, ist eine besondere Regisseurin, die an zahlreichen Opernhäusern im In- und Ausland gewirkt hat, unter anderem als Oberspielleiterin der Deutschen Oper Berlin. Seit 2018 leitet sie die Abteilung Oper/Musiktheater bei Alexander von Glencks Pamy Mediaproductions.

Für von Glenck selbst ist es ein Ideal, dass in der Aufführung eine echte Begegnung zwischen Aufführenden und dem Publikum stattfindet − das macht das Kunstwerk aus. Und hier, so darf hinzugefügt werden, kann der Geist der Humanität dieser Oper in seiner aufbauenden Wirkung zur Geltung kommen.

Nach Jasmin Solfagharis ‹Figaro›-Inszenierung von 2009 an der Leipziger Oper kommt das Werk nun in völlig neuer Besetzung mit dem Da-Vinci-Orchester aus Basel unter der Leitung von Werner Seitzer im Frühling 2021 ans Goetheanum. Es ist auf ca. zwei Stunden gekürzt und soll auch als Schüleraufführung dargeboten werden. ‹Figaro› 2021 schließt an die Pamy-Aufführungen der ‹Zauberflöte› 2015 und 2016 an. Weitere Opernprojekte für die kommenden Jahre sind angedacht. Hingewiesen sei auf die ausgezeichnete Veröffentlichung von Urs Fässler, ‹Das klingende Welttheater des Eros. W. A. Mozarts ,Le nozze di Figaro’›, Chronos Verlag, Zürich 2003.

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