Eine einzige Frage scheint zurzeit die höchste Priorität zu haben. Nicht Gesundheit, nicht Reichtum, nicht Erfolg, sondern: Wer hat die größte Macht? Dahinter steht geistig der Anspruch: Wessen Wille kann andere und anderes am erfolgreichsten manipulieren?
Macht ist eine Frage des Willens, nicht der Intelligenz. Diese wird eingesetzt und dafür gebraucht, zu erkennen, auf welche Ziele ich meinen Willen richten, ihn steigern und optimieren werde. Das ist eine Frage der Entscheidung. Entscheidungen kommen aus dem Reich der Freiheit, einem Raum, in dem ich abwägen, ablehnen oder zustimmen kann. ‹Intellegere› bedeutet wörtlich ‹dazwischen lesen›, das Wählen im Zwischenraum von mindestens zwei Möglichkeiten. Welche ich wähle, ist meine Sache allein. Die Tätigkeit des freien Abwägens hat mit Intelligenz und Erkennen zu tun.
1797, als noch nicht davon die Rede war, dass man Intelligenz nachahmen könnte, schrieb Goethe seine Ballade ‹Der Zauberlehrling› und griff darin wie prophetisch in heiterer Form genau diese Problematik auf. «Hat der alte Hexenmeister sich doch einmal wegbegeben …», der Meister, der im Haus die Macht innehatte. Da gelüstete es den Schüler, selbst einmal machtvoll zu handeln. Mit den Worten des Meisters beauftragt er dessen Geister, mit Geistesstärke Wunder zu bewirken. Und siehe da, es funktioniert. Er kann den Besen als Instrument einsetzen, sich aufzurichten und Wasser herbeizutragen, so lange, bis alles in der Umgebung darin unterzugehen und zu ertrinken droht. Er kann ihn nicht aufhalten. Eine Macht, die eigenständig werdend, den Machtgeber überwältigen und töten kann. «Die ich rief, die Geister, werd’ ich nun nicht los.» Der Lehrling hat seine Freiheit verloren.
Bei allem, wo KI hilfreich, praktisch, und schnell wird, ist genau das der problematische Punkt. Sie entwickelt sich täglich weiter, jeder hat bereits mit ihr zu tun, sie lässt sich längst nicht mehr vermeiden und wird ganz sicher die Zukunft mitbestimmen. Das ist es, was viele Menschen fürchten und was KI auch bedrohlich macht.

Freiheit und Liebe sind die beiden höchsten und endgültigen Ziele der Menschheit. Man kann das nicht nur bei Rudolf Steiner finden, sondern auch in den großen Imaginationen in der ‹Apokalypse› des Johannes. Damit ist gemeint, dass unser Ich dann gelernt haben wird, diese beiden höchsten Ideale so miteinander zu verbinden, dass Freiheit ohne jedes Machtstreben und Liebe ohne jeden Anspruch gelebt werden können. Das ist selbstlose Ichkraft. Dadurch wird die wirkliche, ‹echte› Intelligenz zum Erkenntnisorgan, das dann erst tatsächlich in Freiheit und mit Herzenswärme individuell entscheiden kann. Die Möglichkeiten, die KI auch hat, mögen furchterregend sein, sie können auch gar nicht mehr aus der Welt geschafft werden. Anstelle der Verbindung von menschlicher Intelligenz mit Technik, die nur Künstlichkeit hervorbringt, gibt es aber die andere Wahl: die Erkenntniskräfte mit dem Genius der Freiheit und des freien Denkens – mit Michael – zu verbinden und stärker zu üben als je zuvor.
Im Leitsatz 184 (19.10.1924) wird das von Rudolf Steiner so beschrieben: «Das erfordert, dass der Mensch erlebend eine Geist-Erkenntnis finde, in der er sich ebenso hoch in die Über-Natur erhebt, wie er mit der unternatürlichen technischen Betätigung unter die Natur hinuntersinkt. Er schafft dadurch in seinem Innern die Kraft, NICHT unterzusinken.» Das bedeutet: Aus freiem Erkennen über das Herz in den Willen wirken. Allerdings wird die eigene ‹Macht› ohne die Einbeziehung michaelischer Impulse für den Menschen zu den höchsten Prüfungen gehören, die wir bislang kennen. Ein michaelischer ‹Machtkampf›!








