Wenn wir uns mit dem Ursprung der Mysteriendramen befassen, die Rudolf Steiner ab 1910 niedergeschrieben hat, stellen wir fest, dass das erste Drama vollständig auf Goethes ‹Märchen› basiert. Jede Figur entspricht einer Figur aus dem Märchen. Die gesamte dramaturgische Handlung entspricht der des Märchens. Doch woher stammt das Märchen? Goethe schrieb es als Antwort auf Schillers Hauptwerk ‹Briefe über die ästhetische Erziehung des Menschen›. Was Schiller in Form von philosophischen Konzepten formulierte, ließ Goethe in eine Imagination einfließen. Und wenn wir nachforschen, wie Schillers Briefe entstanden sind, stellen wir fest, dass sie eine Antwort auf das waren, was er als gescheiterten Versuch einer sozialen Transformation ansah: die Französische Revolution.
Damit wird die Dynamik deutlich, die in Rudolf Steiners Mysteriendramen lebt: ein gesellschaftlicher Transformationsprozess. Nicht ein politischer sozialer Wandel, sondern eine verinnerlichte soziale Transformation, die auf der Entwicklung des Individuums und seiner Erkenntnisfähigkeiten basiert. Und da wir wissen, dass das Goetheanum ursprünglich als Gehäuse für die Aufführung dieser Mysteriendramen gebaut wurde, wird hier auch die Bedeutung des Goetheanum deutlicher: ein Ort, der dazu bestimmt ist, die sozialen Prozesse zu unterstützen, durch die sich eine sozial transformative Geisteswissenschaft entwickeln und verwirklichen kann. Davon erzählen die Mysteriendramen.
Bild Mysteriendramen 2023, Foto: Georg Tedeschi








