Herr: es ist Zeit. Der Sommer war sehr groß.
Leg deinen Schatten auf die Sonnenuhren,
und auf den Fluren lass die Winde los.
Befiehl den letzten Früchten voll zu sein;
gieb ihnen noch zwei südlichere Tage,
dränge sie zur Vollendung hin und jage
die letzte Süße in den schweren Wein.
Wer jetzt kein Haus hat, baut sich keines mehr.
Wer jetzt allein ist, wird es lange bleiben,
wird wachen, lesen, lange Briefe schreiben
und wird in den Alleen hin und her
unruhig wandern, wenn die Blätter treiben.
Rainer Maria Rilke
Aus: Die Gedichte. Frankfurt am Main/Leipzig 2004, S. 304.
Nachdem im Außen die letzten Sommerfrüchte geerntet sind, folgt die Einkehr der menschlichen Seele. Sich behausen für den nahenden Winter heißt, Raum zu schaffen für ein inneres Blühen und Reifen.
Auswahl und Kommentar Johanna Lamprecht
Zeichnung Philipp Tok