Kairo, Ägypten. 2025 ist das 100. Todesjahr von Rudolf Steiner. Wie lebt er in einzelnen Menschen weiter? Nana Woo, Heileurythmistin und Direktorin des Women’s Health Project in Sekem, Ägypten, gibt ihre Antworten.
Woran wird in deinem Umfeld erkennbar, dass du dich für Rudolf Steiner interessierst?
Die Menschen in meiner Gemeinschaft bemerken möglicherweise, dass meine Einstellung zum Leben sich leicht von der anderer Personen unterscheidet, die ihnen sonst im Alltag begegnen. Ich bin zutiefst fasziniert von den einfachen, oft subtilen Details des Lebens, wie den Farben eines Sonnenuntergangs, der Form eines Kaktus, dem Klang der arabischen Sprache oder den Bewegungen eines Schmetterlings. Darüber hinaus begegne ich den Herausforderungen des Lebens mit Offenheit und betrachte sie als Einladung, verborgene Gaben zu entdecken.
In welcher menschlichen Begegnung kam dir Rudolf Steiner nah?
Ich fühle mich Steiner am nächsten, wenn ich ‹Lehrende› treffe, die sich dem Ziel verschrieben haben, das Wachstum anderer zu fördern. Ich hatte einmal einen Lehrer, von dem ich so inspiriert war, dass ich ihn fragte, ob ich sein Lehrling werden könnte. Und er antwortete: «Ich bin wie du; ich habe immer ein offenes Ohr für dich, könnte aber nicht dein Meister sein. Denn du bist genauso meine Meisterin.» Menschen wie er bieten einen Raum, in dem ich mich frei ausdrücken kann, ohne Angst vor Verurteilung haben zu müssen. Ihre Anwesenheit vermittelt ein Gefühl von Frieden und Klarheit, deshalb brauche ich auch nicht immer einen Rat von ihnen – nur ihr mitfühlendes Verständnis. Oftmals halte ich inne, bevor ich mich an sie wende, und frage mich: «Was würden sie sagen?» Das hilft mir, meine Gedanken und Gefühle mit meiner eigenen Weisheit in Einklang zu bringen. Bei diesen Begegnungen spüre ich in ihnen Steiners Geist, der mich zu der Person führt, die ich hoffe zu werden.
Kontakt nana.woo@sekem.com
Bild Nana Woo