Ist die Erde nur eine Ansammlung lebloser Materie, ein fester Felsen, in der riesigen kosmischen Leere schwebend? Ist das Leben nur ein Unfall, eine Anomalie in einem mechanischen Universum? Eine materialistische Auffassung sucht nach einer ‹Abiogenese›: wie das Leben aus einer mechanischen und toten Welt entstanden sein könnte. Sie setzt das Leblose an den Anfang. Aber was ist, wenn es umgekehrt ist? Wenn das Leben am Anfang steht?
«In allen geologischen Perioden gab es nie und gibt es auch heute keine Spuren von Abiogenese», schrieb der Forscher Wladimir Wernadskij (1863–1945).1 «So ist das Auftreten von lebender Materie und ihre Bildung auf unserem Planeten offensichtlich ein Phänomen kosmischen Charakters, das sich sehr deutlich in der Abwesenheit von Abiogenese zeigt, das heißt in der Tatsache, dass im Laufe der gesamten geologischen Geschichte der lebende Organismus immer aus dem lebenden Organismus hervorgegangen ist.»
Das Leben müsse als Ursprung begriffen werden. Und das auf der Erde sichtbare Leben, die ‹Biosphäre›, wäre vom Sonnenleben, dem gesamten Sonnensystem und dem gesamten Kosmos untrennbar. «Die Biosphäre ist ebenso sehr (wenn nicht mehr) eine Schöpfung der Sonne wie die Manifestation irdischer Prozesse. Die alten religiösen Intuitionen der Menschheit, die die irdischen Geschöpfe, insbesondere die Menschen, als Kinder der Sonne betrachteten, waren der Wahrheit viel näher, als diejenigen glauben, die in den irdischen Wesen nur das blinde und zufällige Spiel der Materie sehen.»
Um diese kosmische Dimension des Lebens zu erfassen, hat Wernadskij nicht nur einzelne wissenschaftliche Fakten zusammengetragen. Es gelang ihm, die Fakten zu einem Gesamtbild zusammenfließen zu lassen. Denn nur eine imaginative Erkenntnis ermöglicht es, die Sonnennatur des Lebens zu erfassen – und die Erde als Lebewesen zu erkennen.
Bild Volkstänze auf der Landwirtschaftlichen Tagung, Foto: Xue Li
