Waren es vor 100 Jahren wenige Prozent, so rechnet heute gut ein Drittel der Bevölkerung mit einem nachtodlichen Leben. Die akademische Naturwissenschaft folgt dieser Überzeugung nicht – oder doch?
Viele Menschen, die heute eine reguläre Schullaufbahn durchlaufen haben, leben mit dem Verständnis, der Mensch sei ein biologisches Wesen und die Existenz seines Ich beginne und ende mit dem Entstehen und Vergehen seines Körpers. Eine empirische Datenlage zu dieser sogenannten Emergenzannahme ist jedoch nicht evident. Phänomene wie der Verlust psychischer Fähigkeiten nach einem Schlaganfall oder die Veränderung psychischer Stimmungslagen nach Hormon- oder Psychopharmakagebrauch sind nur Beweise dafür, dass psychische Tätigkeit mit körperlicher Tätigkeit einhergeht (Korrelation) – nicht jedoch dafür, dass psychische Tätigkeit aus körperlicher Tätigkeit entsteht (Kausalität).1 Auf der körperlichen Ebene beobachten wir zum Beispiel Ereignisse wie die Feuerungsraten von Neuronen. Psychische Ereignisse wie etwa die Empfindung von Mitgefühl oder Zuneigung sind dagegen eine Phänomenbeschreibung auf ganz anderer Ebene – und diese beiden Ebenen als gleichartig zu beschreiben, wäre ein klassischer Kategorienfehler. Es existieren keine empirischen Anhaltspunkte oder gar Beweise dafür, dass psychisches Geschehen aus biologischen Vorgängen entsteht.
Wenn also das Psychische und das Physische zunächst als gleichberechtigte Phänomene nebeneinanderstehen und nicht das Psychische aus dem Physischen hervorgeht, so ist es schwer vorstellbar, dass das Dasein unseres Ich als eines psychischen Phänomens immer genau in dem Moment beginnt und endet, wenn der biologische Körper entsteht und vergeht. Denn das wäre ein kaum denkbarer Zufall. Das aber legt nahe, dass ein Ich auch ohne einen Körper existieren müsste.
Gespräche mit Verstorbenen
Vor diesem Hintergrund sind Forschungen zur Kommunikation mit Verstorbenen und zum Auftreten von Reinkarnationsfällen von Bedeutung. Es gibt in dieser Richtung eine Fülle an sensationslüsterner Geltendmachung; aber es gibt inzwischen auch eine solide empirische Befundlage mit akademisch tragfähigen Studien und sogar Übersichtsarbeiten in konventionellen akademischen Zeitschriften mit Peer-Review, Impakt-Faktor und akademischer Suchmaschinenlistung, die im Kern bestätigen, was Steiner schon vor über einem Jahrhundert auch ohne diese äußeren Forschungsbefunde geltend gemacht hat.
Die Fälle zum Thema Kommunikation mit Verstorbenen verlaufen jeweils anhand eines sogenannten Mediums, also einer Person mit – nennen wir es vorsichtig: ungewöhnlichen Wahrnehmungsfähigkeiten. Diese Medien geben an, sie hätten die natürliche Fähigkeit, mit Verstorbenen zu kommunizieren und seien bereit, dies unter standardisierten Versuchsbedingungen zu tun und überprüfen zu lassen. Steiner hätte diese Medien als Beispiele für eine atavistische, also alte Form der Spiritualität bezeichnet, unter anderem deshalb, weil diese Menschen in der Regel keine Wegbeschreibung zur Reproduktion ihrer Erkenntnisse liefern können. Aus wissenschaftlicher Sicht ist jedoch die Aussicht, dass hier unter kontrollierten Bedingungen überzufällige Ergebnisse geliefert werden, zunächst einmal interessant und von Relevanz bezüglich der Frage nach einem nachtodlichen Leben.
In einer typischen Studie nun wird dem Medium eine Reihe von standardisierten Fragen in der Regel zu jeweils mehreren Verstorbenen vorgelegt.2 Das Medium kommuniziert dann mit den Verstorbenen und liefert Antworten, zum Beispiel zu den Verstorbenen A und B. Das Forscherteam legt nun die Antworten den Hinterbliebenen von A und B vor – und zwar gekreuzt: Die Hälfte der Antworten gehört zu Verstorbenem A und wird Hinterbliebenem A vorgelegt. Die andere Hälfte der Antworten gehört eigentlich zu Verstorbenem B und wird dennoch ebenfalls Verstorbenem A vorgelegt; und umgekehrt. Der Prozess ist mehrschichtig verblindet – das heißt, es gibt zum Beispiel keinen direkten Kontakt zwischen Hinterbliebenen und Medium, das läuft jeweils über das Forscherteam. Der Hinterbliebene soll die vorgelegten Aussagen einschätzen in der Weise: Ist diese Aussage von meinem verstorbenen Angehörigen oder von einem anderen? Die zufällige Trefferwahrscheinlichkeit liegt bei 50 Prozent. Wenn die Hinterbliebenen nun die Aussagen der ihnen zugehörigen Verstorbenen überzufällig identifizieren, so ist das ein Anhaltspunkt dafür, dass eine Kommunikation mit dem Verstorbenen vorliegt. Tatsächlich wählten die Hinterbliebenen in der fraglichen Studie signifikant überzufällig die kommunizierten Aussagen ‹ihrer› Verstorbenen. Eine inzwischen bereits vorliegende Metaanalyse über 14 Artikel mit insgesamt 18 Studien3 beziffert den Effekt im Durchschnitt auf etwa 10 Prozent oberhalb des Zufallsniveaus. Das ist ein kleiner, aber statistisch signifikanter Effekt. Das heißt: Die Medien liefern keinesfalls immer Aussagen der Verstorbenen, die von deren Hinterbliebenen zutreffend zugeordnet werden können (weshalb man auch von der Inanspruchnahme entsprechender Angebote zum persönlichen Gebrauch wohl eher Abstand halten sollte, denn woher weiß man, ob es sich um ein kompetentes Medium handelt? Und was, wenn man eine Aussage geliefert bekommt, die dann doch im Zufallsbereich liegt, einen aber für den Rest des Lebens verunsichert?); die Medien liefern solche Aussagen jedoch mit einer Häufigkeit, die nach den gängigen wissenschaftlichen Konventionen nicht mehr als Zufallsergebnis bezeichnet werden.
Kinder wissen von früheren Leben
Mit Blick auf die Reinkarnationsfälle gibt es seit den 1960er-Jahren umfangreiche Forschungen, die von dem Psychiater und Professor Ian Stevenson an der University of Virginia initiiert wurden. Dort gibt es bis heute an der Medizinischen Fakultät eine von ihm gegründete Forschungseinrichtung (Division of Perceptual Studies). Zu den dokumentierten Fällen: Jeder Fall ist einmalig, und doch gibt es Gemeinsamkeiten. In der Regel berichten sehr junge Kinder im Alter von durchschnittlich ungefähr drei Jahren über Erlebnisse eines anderen Lebens, im Verbund mit Aussagen, die für diese Altersstufe überraschend sind, zum Beispiel: «I liked it better when I was big and I could go wherever and whenever I wanted to go. I hate being little … I just can’t live in these conditions. My last home was much better.»4 Die verwunderten Eltern werden irgendwann auf eine Forschungseinrichtung aufmerksam und so kommt der Fall in die wissenschaftliche Sichtung. Die Aussagen der Kinder bezüglich des früheren Lebens werden zusammengetragen – inklusive etwaiger Namen der früheren Inkarnation, Ortsangaben, Angehöriger etc. Zumeist handelt es sich um Fälle, die gewaltsam ums Leben gekommen sind – und zwar wenige Jahre/Jahrzehnte vor der Geburt der Nachfolgeinkarnation. Es wird dann recherchiert, ob ein Fall unter den angegebenen Koordinaten der früheren Inkarnation identifiziert werden kann und ob noch lebende Angehörige aufgefunden werden können. Diese werden wo möglich interviewt und es werden dann Übereinstimmungen zwischen den Darstellungen des Kindes und den vorgefundenen Gegebenheiten ermittelt. Ein Beispiel ist der Fall des US-Amerikaners James Leininger.5 Seine Eltern hatten mit ihm ein Flugmuseum besucht, als er zwei Jahre alt war. Daraufhin entwickelte der kleine James nächtliche Alpträume, malte Hunderte von Bildern abgestürzter Flugzeuge, gab an, schon einmal gelebt zu haben und in einem angeschossenen Flugzeug zu Tode gekommen zu sein, und erläuterte auf Nachfragen der Eltern, er sei von einem Boot aus mit einem Flugzeug gestartet; das Boot hieße Natoma; sein Flugzeug sei eine Corsair; es sei noch jemand anders dabei gewesen, ein Kollege, der Jack Larson hieße; er selber habe damals schon James geheißen. Auf Recherchen der Eltern bzw. des Forscherteams hin zeigte sich, dass es im Zweiten Weltkrieg einen amerikanischen Flugzeugträger gegeben habe, der Natoma Bay hieß und im Pazifik stationiert war. Der Vater von James fand heraus, dass sich die damals auf der Natoma stationierten Soldaten noch gelegentlich zu sogenannten Reunions trafen. Er nahm daraufhin an einem solchen Treffen teil und fand heraus, dass es tatsächlich damals auch einen Jack Larson als Piloten dort gegeben habe (der von dem kleinen James benannte Kollege), der zwar nicht an dem aktuellen Treffen teilnahm, aber noch lebte. Der Vater machte ihn ausfindig und besuchte ihn und hörte von ihm, dass damals ein einziger Soldat bei einem feindlichen Feuer (im März 1945) in einem Flugzeug angeschossen, abgestürzt und getötet worden sei – ein junger Mann namens James Huston. Es gab sogar noch Bilder von ihm vor seinem Flugzeug – einer Corsair.
Solch ein Einzelfall ist kein ultimativ wasserdichter logischer Beweis, aber das Profil an Überlappungen ist mindestens überraschend. Inzwischen gibt es jedoch über 2000 solcher dokumentierten Fälle, welche in 76 wissenschaftlichen Artikeln in über 20 Zeitschriften erfasst sind, die in den großen Wissenschaftsdatenbanken gelistet werden (Scopus, Web of Science, PubMed/Medline oder PsycINFO).6 Darüber hinaus gibt es auch den Verdacht, dass Geburtsmale der Folgeinkarnation mit den Todesumständen der vorausgehenden Inkarnation zusammenhängen. In einer Übersichtsarbeit von Stevenson7 werden zum Beispiel 18 Fälle identifiziert, bei denen a) ein Kind behauptet, es wäre im vorausgehenden Leben durch einen Kopfschuss getötet worden; bei denen b) die vorausgehende Inkarnation ermittelt werden konnte; und bei denen c) Geburtsmale am Kopf des Kindes mit dem Eintritts- und Austrittsort des Kopfschuss-Projektils korrespondierten, durch das die vorausgehende Inkarnation beendet wurde (laut Tucker, 20184).
Am Anfang steht der Glaube
Was machen solche Befunde mit uns? Bisher war vielleicht unsere Haltung: Ich glaube daran oder lasse es auch bleiben, denn man kann das sowieso nicht wissen. Spätestens jetzt wird klar: Die Sachlage ist umgekehrt. Ein wasserdichtes Wissen, dass etwas ‹nicht› existiert (also zum Beispiel, dass der Mensch nach dem biologischen Tod nicht weiterlebt), kann es rein logisch nicht geben. Inzwischen gibt es nun umgekehrt offenkundig sogar deutliche Anhaltspunkte, dass es ein nachtodliches Leben gibt. Diese Anhaltspunkte einfach zu leugnen, wäre unwissenschaftlich; gleichzeitig handelt es sich auch hier sicher nicht um wasserdichte Beweise – aber wie sollten die auch aussehen? Und wollen wir solche wasserdichten Beweise überhaupt haben? Denn wären wir dann nicht schon wieder zum Glauben verpflichtet und müssten auf den eigentlich zentral wertvollen Weg der Urteils- und Erkenntnisbemühung verzichten? Und zugleich: Jede Suchbewegung – und damit auch jede wissenschaftliche Erkenntnisbemühung – setzt einen initialen, probeweisen Glaubensvorsprung voraus, sonst erhält sie keine faire Chance. So steht der Glaube am Anfang jeder Wissenschaft. Gefährlich wird es, wenn dieser Glaube sich als erkenntnisresistent erweist und zum Dogma wird. Wissenschaft ist akademiefähig in dem Umfang, in dem der ihr naturgemäß innewohnende Glaube pulsiert – sich aufbauen und wieder auf die Probe gestellt werden kann. Und das gilt auch für unser eigenes Verhältnis zum Erkenntnisobjekt. Wenn es uns kaltlässt, haben wir schon verloren; wenn wir uns zu sehr damit identifizieren, haben wir ebenfalls verloren.
Als im 16. Jahrhundert Nikolaus Kopernikus seine Schriften über die Bewegungen der Himmelskörper veröffentlichte, fiel es den Menschen schwer, bei dem wissenschaftlichen Übergang von einem geo- zu einem heliozentrischen Weltbild mitzugehen. Das alte, geozentrische Weltbild war Teil ihrer Lebensauffassung – und Teil ihrer Identität; man hatte sich zu sehr damit identifiziert. Die Infragestellung und womöglich überfällige Änderung eines solch identitätswirksamen Weltbilds ist unmittelbar identitätsbedrohlich und deshalb regt sich Abneigung, es zu ändern. Das materialistische, biologiezentrierte Menschverständnis heute ist eine neue Art eines geozentrischen Weltbilds – und es wäre spätestens vor dem Hintergrund der obigen Studienlage hilfreich, im Sinne des probeweisen Vertrauensvorsprungs einmal mit einem Verständnis zu leben, das die geistige Sonne des menschlichen Ich wieder in den Mittelpunkt stellt. Auch dieser Übergang ist für viele von uns sicherlich erst einmal identitätsbedrohlich, da wir uns im Zuge des heute gängigen Verständnisses explizit oder implizit mit einem materialistischen Welt- und Menschenbild identifiziert haben.
Viele Menschen leben heute mit der Vorstellung, dass Materie sich in immer kleinere Komponenten aufteilen lässt, die auch auf kleinster Ebene räumlich zu denken sind.8 Das aber ist das Weltbild der klassischen Physik. Spätestens seit Beginn der Quantenphysik deutet sich jedoch an, dass Materie im atomaren und subatomaren Bereich prozesshaft wird – und zwar sehr flüchtig prozesshaft; und dass hier immer weniger Physik und immer mehr Mathematik zur Geltung kommt. Die Materie selbst ist im Kern somit von konzeptueller Natur – Steiner hat sie als kristallisierten Geist bezeichnet, so wie Eis kristallisiertes Wasser oder Wasser kristallisierte Luft ist.9
Die oben angedeutete vorstellungsmäßige Nebeneinanderstellung von Psychischem und Physischem (Korrelation) ist also auch nur ein Übergangsbehelf, um die verschiedenen Ebenen überhaupt erst wieder ansichtig zu machen. Vor diesem Hintergrund wäre das psychische Geschehen aber nicht aus dem Physischen, sondern umgekehrt das physische Geschehen aus dem Psychischen (Seelisch-Geistigen) entstehend zu verstehen. Vom geozentrischen zum heliozentrischen Weltbild, Teil 2.
Mein Plan für meine nächste Inkarnation
Steiner hat auf die oben erläuterten Zusammenhänge zum nachtodlichen Leben und zur Reinkarnation bereits vor über einem Jahrhundert auch ohne die Kenntnis der heute bekannten Datenlage hingewiesen. Es wäre hilfreich, wenn wir uns vor dem Hintergrund dieser Erkenntnisse seine noch viel weiter reichenden Ausführungen10 zu Herzen nehmen – und noch mehr: dass wir sie nicht einfach nur glauben oder nicht glauben, sondern uns im Rahmen unserer Möglichkeiten erkenntnismäßig auf den Weg machen: Wo sind wir bereits urteils- und wahrnehmungsfähig? Wo können wir uns anhand seiner Erläuterungen umfangreicher über die Sachlage informieren? Welche – auch wissenschaftsfähigen – Wegbeschreibungen können wir ausprobieren, um selber urteilsfähig zu werden? Und wie ist es im konkreten Falle für uns: Welche Vorstellung habe ich von dem, was mit mir nach meinem biologischen Tod passiert? Ist es nur eine abstrakte Vorstellung – oder ist sie schon so real geworden, dass ich mich zumindest probeweise mit dem weiteren Weg nach dem biologischen Tod einigermaßen konkret beschäftige, vielleicht so ähnlich, wie ich mich mit einer zukünftigen Lebensphase in der aktuellen Inkarnation beschäftige? Und: Was ist mein Plan für meine nächste Inkarnation?
Noch ein Punkt: Inzwischen gibt es deutliche Erkenntnisse zu den Folgen sozialer Ausgrenzung im Alltag – der Schmerz, der auftritt, ist sogar körperlichen Schmerzen vergleichbar.11 Wie schmerzhaft muss es für die Verstorbenen sein, wenn man so tut, als seien sie nicht existent. Rudolf Steiner weist auch darauf hin, dass sich hier nicht nur Probleme für die Verstorbenen, sondern auch für die noch Lebenden ergeben. Es ist davon auszugehen, dass jeder Mensch auf irgendeiner Ebene seines Wesens Kenntnis hat von den tatsächlichen Begebenheiten – und sei es nur im tiefen Unbewussten. Wenn man nun ständig im bewussten Alltagsdenken Dinge denkt, die inkompatibel sind mit den Kenntnissen, die eine andere Daseinsebene in uns hat, so lebt man in einer kontinuierlichen Widersprüchlichkeit. Das ist vor dem Hintergrund des hier sich Andeutenden der Fall, wenn man im Alltagsdenken kontinuierlich davon ausgeht, der körperliche Tod sei auch der seelisch-geistige Tod. Eine solche chronische Widersprüchlichkeit oder Unwahrhaftigkeit höhlt aus und unterminiert darüber hinaus die Gesundheit.12
Schatztruhe Anthroposophie
Davon abgesehen halte ich es für wichtig, dass wir uns gerade auch im pädagogischen und therapeutischen Bereich mit solchen Themen auseinandersetzen. Die Behauptung, der Mensch sterbe mit dem Ablegen seines biologischen Körpers, ist evidenzfrei und damit unwissenschaftlich. Es ist essenziell, dass geisteswissenschaftliche Forschungsergebnisse wie alle anderen wissenschaftlichen Ergebnisse auch den Weg in unser ergebnisoffenes Verständnis finden können und nicht mit einer grundsätzlichen Blockade an der einen oder anderen Front konfrontiert sind. Die Anthroposophie ist hier eine regelrechte Schatztruhe und ich bin absolut sicher: Je weiter wir mit unseren heutigen Forschungsmöglichkeiten kommen, umso mehr wird diese Schatztruhe zur Geltung gelangen. Vor diesem Hintergrund sind die Anfeindungen und Verleumdungen natürlich kummervoll und anstrengend. Vielleicht gehört es aber auch ein Stück weit zum Wesen der Freiheit, dass man sich erst mal durch ein Dickicht von Hindernissen durcharbeiten muss, um die jeweiligen Schätze angemessen zu würdigen. Und doch scheint mir ein solcher Ansatz heute bereits wieder an der Realität vorbeizuzielen. Denn wer würde auf einem sinkenden Schiff den Rettungsring mit der Begründung ausschlagen, er stamme von jemandem, der vereinzelt Dinge in einer Weise erläutert hat, die man 100 Jahre später anders formulieren würde?
Die aufgeführte Studienlage ist ausschnitthaft; bei Bedarf steht der Autor zur Verfügung, die empirische Datenlage zu diesem Thema auch extern zu erläutern.
Kontakt ulrich.weger@gmx.de
Illustration Gestaltungsteam der Wochenschrift
Fußnoten
- Für eine ausführliche Erläuterung, siehe z. B.: Majorek, M. (2012), Does the brain cause conscious experience? Journal of Consciousness Studies, 19, 121–144.
- Zum Beispiel: Beischel, J., Boccuzzi, M., Biuso, M., & Rock, A. J. (2015), Anomalous information reception by research mediums under blinded conditions II: replication and extension. Explore, 11, 136–142. Journal Impact Factor JCR – 2023: 1,9. Ranking: Nr 22 von 43 in der Rubrik Integrative & Complementary Medicine.
- Sarraf, M., Woodley, M. A., & Tressoldi, P. (2021), Anomalous information reception by mediums: A meta-analysis of the scientific evidence. Explore, 5, 396–402.
- Tucker, J. B. (2018), Reports of past-life memories. In: Mind Beyond Brain: Buddhism, Science, and the Paranormal (pp. 45–68). Columbia University Press. Weitere Infos aus: Tucker, J. (2008), Children‘s reports of past-life memories: a review. Explore, 4, 244–248.
- Tucker, J. B. (2016), The case of James Leininger. An American case of the reincarnation type. Explore, 12, 200–207.
- Moraes et al. (2022), Academic studies on claimed past-life memories: A scoping review. Explore, 18, 371–378. Siehe auch: Stevenson, I. (1974), Twenty cases suggestive of reincarnation. University Press of Virginia.
- Stevenson, I. (1997), Reincarnation and Biology. A contribution to the etiology of birthmarks and birthdefects. Praeger Publishers.
- Beauregard, M., Trent, N. L., & Schwartz, G. E. (2018), Toward a postmaterialist psychology: Theory, research, and applications. New Ideas in Psychology, 50, 21–33. Siehe auch: Wahbeh, H., Radin, D., Cannard, C., & Delorme, A. (2022), What if consciousness is not an emergent property of the brain? Observational and empirical challenges to materialistic models. Frontiers in Psychology.
- Steiner, R. (1914), Die Welt der Sinne und die Welt des Geistes. GA 134.
- Z. B.: Steiner, R. (1914), Inneres Wesen des Menschen und Leben zwischen Tod und einer neuen Geburt. Rudolf-Steiner-Verlag. GA 153. Weiterhin: Steiner, R. (1886), Grundlinien einer Erkenntnistheorie der Goetheschen Weltanschauung. Steiner, R. (1911), Die philosophischen Grundlagen und die erkenntnistheoretische Stellung der Anthroposophie. GA 35, S. 111–155.
- Kross, E., Berman, M., Mischel, W., & Wager, T. D. (2011), Social rejection shares somatosensory representations with physical pain. Proceedings of the National Academy of Sciences, 108, 6270–6275.
- Steiner, R. (1917), Individuelle Geistwesen und ihr Wirken in der Seele des Menschen, Vortrag vom 13. November. GA 178.
Danke, das hat mich auf einige Erlebnisse in meiner eigenen Biographie aufmerksam gemacht.
Die Artikulationen von Erfahrungen mit Seelenwanderung und früheren Leben reichen bis in die Antike zurück, das ist nicht eine Entdeckung, die erst vor hundert Jahren gemacht wurde. Vor zweihundert Jahren veröffentlicht z.B. der Philosoph Schelling (den Steiner gut kannte) vor dem Hintergrund einer langen Tradition seine „Clara oder über den Zusammenhang der Natur mit der Geisterwelt: Ein Gespräch“. Das war noch bevor man im 19. Jh. anfing, gewisse Personen als Medien interessant zu finden, letzteres ist also eine relativ moderne Entwicklung und kein „Atavismus“. Empirische Forschungen, wie sie etwa Heiner Schwenke in Basel zusammengetragen hat, zeigen, dass Begegnungen mit Toten gerade dann besonders eindrucksvoll sind, wenn man nicht an so etwas „glaubt“. Es gibt interessante Zeugnisse, dass auch Tiere solche Wahrnehmungen und Kontakte haben können. Impact factor, Peer Review und Doppelblindstudien sind meines Erachtens bei der Beurteilung solcher methodisch phänomenologischen Beschreibungen letztlich nicht urteilsrelevant. – Wenn man bei einer Korrelation zwischen Leib und Seele stehen bleibt, landet man im sogenannten Agnostizismus: wir können es nicht wissen. Wie beide Ebenen zusammenkommen, ist unerklärlich und ja, Glauben braucht man sowieso immer. Die einzige Alternative zur Korrelation scheint dann die Kausalität zu sein, und wenn nicht Abhängigkeit des Physischen vom Psychischen oder Geistigen, dann eben umgekehrt. Es gibt aber noch ein Drittes, nämlich die Wechselwirkung, der Austausch, wenn man so will, das Gespräch zwischen Physischem und Psychischen. Die Seele kann nicht nur auf das Materielle oder ihren Leib (was nicht dasselbe ist) einwirken, sie muss auch auf beides hören, eine umgekehrte Einwirkung zulassen, wenn sie etwas Förderliches aus dieser Inkarnation in die nächste mitnehmen will. Nur so kommen Individuierung und Denken zustande. Es wäre ja sonst sinnlos, sich überhaupt zu inkarnieren und der Kosmus könnte sich einfach durch Geistwesen weiterentwickeln.