Bei diesem Vortrag hatte ich geschwitzt wie bei keinem anderen. Im Naturhistorischen Museum Basel gab es eine Veranstaltungsreihe zur Astronomie und da wurde auch ich eingeladen, um über das Wesen der Planeten zu sprechen.
Was ich nicht wusste, war, dass die Zuhörenden ein Abo für alle Vorträge gelöst hatten und nicht mit einer spirituell orientierten Betrachtung rechneten. Während meiner Rede bemerkte ich die Überraschung in den Gesichtern. Die meisten schienen einzusteigen, aber einige waren überhaupt nicht angetan, so in der ersten Reihe ein älterer Herr. Er zeigte mir fortwährend den Vogel. Wie reagieren? Begründen! Plausibel machen! Mit mehr Phänomenen und mehr Konjunktiv versuchte ich den Opponenten mitzunehmen. Vergebens. Etwas angeschlagen sass ich später im Museumscafé. Da bekam ich vom Nachbartisch den Rat: «Wenn es so läuft, dann müssen Sie behaupten!» Tatsächlich: eine Rede braucht den Standpunkt, so zeigt man, wo und für was man steht. «In den Planeten und ihrem Lauf findet man die Weltenseele, – davon bin ich überzeugt und darüber forsche ich.» Hätte ich so mich ‹geoutet›, hätte der Kritiker vielleicht mitgehen können, denn er hätte hören können, dass ich mir bewusst bin, jetzt ohne Fallnetz zu sprechen. Bei meiner stromlinienförmigen Hinführung fehlte ihm dieses «Hier-stehe-ich».
Später las ich bei Cicero, dem Meister der Rhetorik, dass eine Rede dreierlei beinhalten solle: die Behauptung, die Belehrung und die Belustigung. Das gilt noch heute, wobei die Belehrung jetzt nicht mehr von der Kanzel kommt, sondern gemeinsames Fragen bedeutet – hier sitzt der Zweifel, den man teilt, damit daraus gemeinsam Gewissheit wird.