Im Februar 2025 wurde in dem renommierten Fachjournal ‹Nature Astronomy› eine bemerkenswerte Untersuchung publiziert (Glavin et al. 2025).1 Die NASA-Raumsonde Osiris Rex hatte in einer siebenjährigen Mission kosmische Gesteinsproben von dem Asteroiden Bennu, einem etwa 500 Meter großen Gesteinsbrocken in erdnaher Umlaufbahn, entnommen und in einer versiegelten Kapsel auf die Erde abgeworfen. Neu an der Analyse: Irdische Kontaminationen können durch die Versiegelung des Materials ausgeschlossen werden.
Neben zahlreichen Aminosäuren und anderen organischen Verbindungen fanden sich in den Gesteinsproben von dem Asteroiden Bennu auch sämtliche Nukleinbasen (Adenin, Guanin, Cytosin, Thymin und Uracil), die elementaren Bausteine der DNA und RNA, die allen Lebensformen auf der Erde gemeinsam sind. Bereits bei früheren Analysen kosmischen Gesteins wurden mikroskopisch kleine, organische Strukturen entdeckt, von denen der Gießener Paläobiochemiker Hans Pflug schrieb: «Jedenfalls ist eines sicher: Wären die in den Meteoriten entdeckten Strukturen in irdischen Sedimenten gefunden worden, hätte kaum ein Bearbeiter gezögert, diese als Reste von Organismen zu deuten.» Die entsprechende Probe stammte aus dem Murchison-Kometen, dessen Alter auf 4,6 Milliarden Jahre, also älter als die Erde, geschätzt wird.
Die entscheidende Frage lautet nun: Haben wir es bei den organischen Verbindungen und Strukturen im Kosmos mit Urbausteinen zu tun, aus denen erst später auf der Erde das Leben entstand, oder handelt es sich um eine Art fossile Schlacken einer einstmaligen, kosmischen Universal-Lebendigkeit? Für Letzteres sprechen jüngste Publikationen aus der Kosmologie, die nicht nur über biochemische, sondern auch über morphologische Strukturen berichten, die eine auffallend organische Signatur aufweisen und eine verblüffende Übereinstimmung mit neuronalen Netzwerken zeigen. Seit Jahren senden Weltraumteleskope wie Hubble riesige Datenmengen aus den Weiten des Weltalls zur Erde, aus denen sich digitale Simulationen über die räumliche Anordnung der Galaxien im Kosmos erstellen lassen.
Die Leuchtpunkte auf der Abbildung entsprechen Galaxien bzw. Galaxienhaufen im Maßstab von Millionen Lichtjahren. Man sieht netzwerkartige Strukturen mit dichteren, galaxienreicheren bündelförmigen Formationen, bei denen verdichtende Gravitationskräfte wirken, und dazwischen Hohlräume (Voids), die mit gegensinnigen Kräften, sogenannten Gravitationsinstabilitäten, erklärt werden. In der Astrophysik spricht man von dunkler, das heißt einer bisher nicht erklärbaren Form von Materie, um damit Kräfte und Phänomene zu benennen, die eben nicht den physikalischen Gesetzen der Gravitation entsprechen, sondern im Sinne einer Levitation oder Antigravitation zu solchen Hohlräumen führen. Als dunkle Energie wird in der Astrophysik eine bislang ebenso rätselhafte Kraft beschrieben, die im gesamten Kosmos wirkt und zu einer beschleunigten Expansion des gesamten Universums führt. Die Materie im klassischen Sinne strebt sozusagen zentrifugal auseinander – ein Prinzip das wir auf der Erde nur vom Pflanzenwachstum her kennen. Solche ‹lebendigen› Strukturen entstehen erst durch die Wechselwirkung von Gravitation und Antigravitation – so wie alles Lebendige im Spannungsfeld polarer Kräfte pulsiert.
Das Gesamtbild des Weltalls entspricht also nicht einem zufälligen Auseinanderbersten der Massen infolge eines hypothetischen Urknalls, sondern zeigt eine ganz spezifische Struktur, die stark an Organisches erinnert.
Nun war die augenscheinliche Ähnlichkeit von kosmischem und neuronalem Netzwerk so auffällig, dass sich Astrophysiker von der Universität Bologna in Zusammenarbeit mit Neurowissenschaftlern näher mit der Sache befassten. Ihre Ergebnisse wurden im renommierten Wissenschaftsjounal ‹Frontiers in Physics› publiziert (Vazza u. Feletti 2020)2; darin heißt es: «Das verblüffende Maß an Ähnlichkeit, das unsere Analyse zutage fördert, scheint darauf hinzudeuten, dass die Selbstorganisation beider komplexen Systeme wahrscheinlich von ähnlichen Prinzipien der Netzwerkdynamik geprägt ist, obwohl völlig unterschiedliche Größenordnungen und Prozesse im Spiel sind.»
Mithilfe moderner mathematischer Verfahren (Graphentheorie) lassen sich heute Analysen erstellen, die es ermöglichen, die Ähnlichkeit von netzartigen Strukturen in Natur und Technik (z. B. Wurzelwerke, Straßennetze, Verwandtschaftsbeziehungen u. v. m.) zu berechnen. Die Autoren der Studie betonen, dass das Maß der Übereinstimmung jenseits der Zufallswahrscheinlichkeit liegt: «Wieder einmal haben strukturelle Parameter unerwartete Übereinstimmungsgrade identifiziert.»
Es scheint also natürliche Gesetzmäßigkeiten zu geben, die sowohl im Kosmos als auch in unserem Gehirn strukturierend wirksam sind. Das «Gehirn hat zu tun mit den kosmischen Verhältnissen des ganzen Sternenhimmels […]. Der Mensch, der aus sich heraustritt durch eine höhere Entwicklung […], lernt in der Tat in der Blutzirkulation mit der Herztätigkeit ein Spiegelbild der geheimnisvollen Kräfte des Sonnensystems kennen, und er lernt in den Vorgängen des Gehirns, die er dann geistig von außen anschaut, den Kosmos in seinen Geheimnissen kennen […] In gewisser Beziehung ist sogar die Struktur des Gehirns eine Art Spiegelbild der Stellung der Himmelskörper, die bei der menschlichen Geburt vorhanden ist für denjenigen Punkt auf der Erde, an dem der Mensch geboren wird.», so Rudolf Steiner.3
Wenn wir ehrlich sind, berührt uns die Beziehung Gehirn und Kosmos sehr viel tiefer. Wir können die ganze Evolution unter dem Aspekt der Kopfbildung betrachten: wie sich das Schädelgewölbe im Lauf der Höherentwicklung schrittweise dem Himmelsgewölbe entgegenhebt, bis das ‹schwerelose› Gehirn mit seiner voraussetzungslosen funktionellen Plastizität zum Resonanzorgan des gesamten Kosmos wird. Wir sind uns der potenziellen Universalität der Gedankenbildung meist nicht bewusst, die in unserer Kopforganisation wie in einem Weltspiegel veranlagt ist und uns zu allen makrokosmischen Erscheinungen eine erlebende und eine begriffliche Beziehung ermöglicht.
Welchen Einfluss hätten solche Zusammenhänge auf das Denken junger Menschen, wenn sie diese wissenschaftlich belegten Entdeckungen im Schulunterricht aufnehmen könnten?
Titelbild Vergleich zwischen menschlichen Gehirnzellen (links) und Galaxien im Universum (rechts)4
Fußnoten
- Daniel P. Glavin u. a., Abundant ammonia and nitrogen-rich soluble organic matter in samples from asteroid (101955) Bennu. Nature Astronomy, Bd. 9, 2025, S. 199–210.
- Franco Vazza, Alberto Feletti, The Quantitative Comparison Between the Neuronal Network and the Cosmic Web, in: Frontiers in Physics, Band 8, 2020.
- Rudolf Steiner, Welche Bedeutung hat die okkulte Entwicklung des Menschen für seine Hüllen und sein Selbst? (1913), in: GA 145, Rudolf-Steiner-Verlag, Dornach 2015, S. 39–45. Andere Literatur Hans D. Pflug, Die Spur des Lebens. Paläontologie – chemisch betrachtet. Berlin/Heidelberg 1984, S. 139.
- Michele Starr, ‹Study Maps The Odd Structural Similarities Between The Human Brain And The Universe›, scienceAlert, November 2020.








