Vorgefühl

Ich bin wie eine Fahne von Fernen umgeben.
Ich ahne die Winde, die kommen, und muss sie leben,
während die Dinge unten sich noch nicht rühren:
die Türen schließen noch sanft, und in den Kaminen ist Stille;
die Fenster zittern noch nicht, und der Staub ist noch schwer.

Da weiß ich die Stürme schon und bin erregt wie das Meer.
Und breite mich aus und falle in mich hinein
und werfe mich ab und bin ganz allein
in dem großen Sturm.

Rainer Maria Rilke
Aus: Die Gedichte. Frankfurt am Main und Leipzig 2006, S. 307.


Wie die Seele sich regt in der Vorahnung, findet sie sich im Sturm, im lebendigen Vollzug wieder.


Auswahl und Kommentar von Johanna Lamprecht

Zeichnung von Philipp Tok

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