«Mit seinem letzten Werk hat er seinen Kristall geschaffen»

Ursula Zimmermann malt von ihrem Lebensgefährten Heinz Zimmermann ein Lebensbild. Mit kräftigen Linien hebt sie die Motive des Lebens des Pädagogen und Anthroposophen hervor und bettet sie in leuchtende Punkte der Innerlichkeit ein.


Dabei zeigt sich, wie Heinz Zimmermann während seines Lebens immer größere Kreise der Welt umarmte: vom geschützten Raum der Familie in einem Quartier Basels in die Rudolf-Steiner-Schule der Stadt, zur Universität des Kantons, als Lehrer der Rudolf-Steiner-Schule Basel, zum Schweizer Lehrerseminar in Dornach und schließlich als Sektionsleiter und Vorstand der anthroposophischen Weltgesellschaft. Frei nach Rilke: Er lebte sein Leben in wachsenden Kreisen, die sich über die Dinge zieh’n. Er wird den letzten vielleicht nicht vollbringen, aber versuchen wird er ihn. Er kreiste um Gott, um den uralten Turm, und er kreiste ein Leben lang; und er weiß noch nicht: Bin ich ein Falke, ein Sturm oder ein großer Gesang?

Mit ihrem Buch schenkt uns Ursula Zimmermann einen Blick auf das Leben von Heinz Zimmermann, der sein Ringen um Erkenntnis und Freiheit aus nächster Nähe beschreibt. Sie folgte damit einem Wunsch vieler Menschen, die Heinz Zimmermann in einer bestimmten Phase seines Lebens begegneten und mehr über sein Leben erfahren wollen.

Das vorliegende Buch wird sicher viele Leserinnen und Leser mit Episoden überraschen, die ein warmes Licht auf seine Lebensgeschichte werfen.

Heinz Zimmermann hört zu. Bildquelle: Ursula Zimmermann-Baer, ‹Heinz Zimmermann – ein Lebensbild›

So erfahren wir einiges über seine Kindheit und seine Jugendjahre, in denen die Grenzerlebnisse nicht fehlen. Früh entsteht in ihm eine tiefe Religiosität, die stets in der Treue zu seinen Aufgaben und den ihm verbundenen Menschen weiterlebt. Das Buch vermittelt eine besondere Nähe zu Heinz Zimmermann durch Fotografien, die ihn in verschiedenen Lebensphasen zeigen.

Wir lernen früh den Forscher in ihm kennen. Seine Dissertation ‹Zu einer Typologie des spontanen Gesprächs› bildet einen ersten Höhepunkt und ist gleichzeitig Auftakt. Es ist bezeichnend, dass ihn nicht die Sprache an sich, sondern die Sprache, die Menschen verbindet, interessiert.

An der Universität, als Lehrer, in der Lehrerbildung und später als Sektionsleiter und Vorstand, immer stellt er sich die Frage, wie die Gesprächsfähigkeit gesteigert werden kann, da sie etwas ermöglicht, das der Einzelne nicht aus sich heraus erschaffen kann. Es ist der konkrete Gesprächsanlass in seiner Beziehung zum andern Menschen, den er ins Zentrum rückt. In sein Tagebuch schreibt er:

«Was heißt Gemeinschaftsbildung im modernen Sinn?

1. Willentliches Ja-Sagen zum andern als ein zum Karma gehöriges Gelübde!

2. Ich will das Geistesziel als mein verbindliches Ideal anerkennen.

3. Ich will den anderen als Schicksalsgefährten anerkennen. Du gehörst zu mir, ich zu dir.»

Sein umfassendes Wissen begeistert, mehr jedoch noch seine Freude am Denken. Es sind seine eigenständigen Zugänge, die viele Menschen mit ihm verbinden, sei es die Betrachtung des Abendmahls Leonardo da Vincis, die Arbeit am Tierkreis, die Auseinandersetzung mit dem Doppelstrom der Zeit oder die Studien zur Sprache Rudolf Steiners, um nur einige zu nennen.

Bis zu seiner späten Schrift ‹Lebensbedingungen der Anthroposophie heute› übt Heinz Zimmermann, verdichtend zu schreiben. Dieses letzte Werk ist die Frucht langer innerer Arbeit und steht in seiner gedanklichen Klarheit da. Heinz Zimmermann liebt die Klarheit, wie sie der Bergkristall verkörpert. Mit seinem letzten Werk hat er seinen Kristall geschaffen. Das Buch von Ursula Zimmermann endet mit drei Texten, die sein Schaffen exemplarisch darstellen.


Ursula Zimmermann-Baur, Heinz Zimmermann – ein Lebensbild. Im Selbstverlag, Dornach 2021, CHF 24, Euro 21. Zu beziehen über die Buchhandlung am Goetheanum, in anderen Ländern bei der Kooperative Dürnau (Deutschland) bzw. über den Buchhandel.

Grafik Titelbild: Fabian Roschka

Print Friendly, PDF & Email

Letzte Kommentare