Der Ton kam aus der Erde und hat eine lange Geschichte, Erdgeschichte. Mein Freund grub ihn am Flussufer nördlich von unserem Haus aus. Er trocknete ihn, mischte ihn mit Lehm von anderen Flussufern und befeuchtete ihn mit Wasser, bis er weich und biegsam war. Eines Tages stellte er einen Eimer davon in meinem Atelier ab. Es war ein wunderschöner Ton, kühl und anschmiegsam. Ich mag es, wie er sich in meiner Hand anfühlt. Ich knetete ihn, bis er sich richtig anfühlte, und verbrachte dann den Nachmittag an der Drehscheibe, um ihn zu zentrieren, zu öffnen und zu einer Sammlung von Bechern, Tassen und Schalen zu formen. Der nasse Ton war von einem tiefen Blaugrau. Als die Stücke trockneten, wurde das Grau heller. Als sie vollständig getrocknet waren und sich nicht mehr kühl anfühlten, blieb nur noch ein Hauch der Dunkelheit übrig. Sie wurden unglasiert in einem traditionellen Holzbrennofen gebrannt. Das Brennen dauerte vier Tage, vom ersten Anzünden des Ofens bis zu dem Zeitpunkt, an dem er wieder kühl genug war, um ihn zu öffnen. Die Verwandlung, die dabei stattfindet, ist bemerkenswert. Die Töpfe, die wir in den Ofen stellten, waren zerbrechlich, in verschiedenen Grau- und Erdbrauntönen. Diejenigen, die wir herausnahmen, waren nicht mehr zerbrechlich, und sie waren auch nicht mehr grau und lehmig braun.
Ein großer Teil dieser Keramiksammlung ist inzwischen verschenkt worden. Ein paar Stücke sind geblieben. Eines davon steht auf dem Regal über meinem Schreibtisch. Es ist eine Yunomi mit Fuß, eine nicht zeremonielle japanische Teetasse. Auch sie hat sich beim Verlassen des Brennofens verändert. Einst war sie grau, jetzt hat sie eine warme nussbraune Farbe und glänzt golden im Sonnenlicht. Das Sternenlicht scheint bei der Alchemie des Ofens mitgewirkt zu haben, denn auf einer Seite ist sie mit kristallinem Glas bestäubt, das im Licht funkelt. Im Inneren sind die Brauntöne heller und auf einer Seite ist ein cremiges Weiß entstanden. Auch die Form des Bechers hat sich verändert. Nicht drastisch, sondern sanft, so als hätte das Feuer ihn in die Form gebracht, die er verdient. Der Fuß, die Rundungen der Schale, die leichte Unregelmäßigkeit des Randes: sie scheinen in perfektem Gleichgewicht zu sein; sie gehören zueinander. Zusammen sind sie wunderschön.
Das schöne Zusammenspiel von Form und Farbe, mit dem diese Tasse aus dem Feuer zurückkehrte, liegt jenseits der Weisheit des Handwerkers, die in meinen Händen lebt. Doch ohne den Handwerker hätte dieser Moment der verwandelnden Gnade keinen Samen, durch den er erblühen könnte. Jedes Mal, wenn ich zur Töpferscheibe zurückkehre, tue ich dies in der Hoffnung, dass das, was ich zu formen vermag, einer solchen Gnade würdig sein möge, denn ich weiß, dass sie immer nahe jenseits der Grenzen dessen liegt, was ich geworden bin.
Für einen Pilger gehen Hoffnung und Demut Seite an Seite. Wenn der Weg tückisch wird, geben sie sich die Hand. Wenn die Hoffnung schwankt, nimmt die Demut sie unter ihre Arme. Und wenn die eine von der Verheißung des Lichts in die Irre geführt wird, holt die andere sie auf den Boden zurück. Das sagten mir Hoffnung und Demut, als ich sie eines Tages im Frühling im Wald traf. Die Hoffnung schien sich dort am wohlsten zu fühlen. Sie lächelte und beugte sich oft vor, um einen neu geöffneten Keimling zu begrüßen oder eine aufkeimende Knospe willkommen zu heißen. Viele Jahreszeiten sind vergangen. Jetzt, da die Welt in unruhigen Winter taucht, frage ich mich, wo sie sind. Gibt es Menschen, die sie erkennen und ihnen Gastfreundschaft gewähren und sie in der Glut ihrer Herzen wärmen lassen? Ich werde heute Nachmittag zur Töpferscheibe zurückkehren. Vielleicht werde ich Yunomis formen. Und das in der Hoffnung, dass eine mit Schönheit aus dem Feuer zurückkehren wird.
Übersetzung Wolfgang Held
Illustration Gilda Bartel