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Wie man Vertrauen findet

«Das ist ja keine Musik, das ist ja nur ein D-Dur-Akkord!», soll der Leiter des Städtischen Orchesters Krefeld 1961 gerufen haben, als es die ‹Symphonie Monoton – Silence› von Ives Klein probte.


Klein, der durch seine einfarbigen blauen Bilder bekannt wurde, hat komponiert, wie er gemalt hat. Monochrom und monoton. Es ist ein Stück auf einem Ton, an den nach 20 Minuten eine ebenso lange Generalpause anschließt. Als das Stück vor einigen Jahren in Weimar aufgeführt wurde, saß ich im Publikum. Um uns herum die Geigen, Bratschen, Celli und Bässe und der nicht enden wollende D-Dur-Akkord und dann die lange Stille. So die Bewegung in der Ruhe zu erfahren, ist eine Art lunarer Einweihung, denn der Mond zeigt in all seinen Bewegungen ein Gleichmaß, in dem allerdings viele Rhythmen verborgen sind. Äußerer Tod – inneres Leben. Vielleicht vermag man in der so bewegten heutigen Welt umso mehr Gleichmaß und Ruhe zu finden, je mehr man umgekehrt in der unendlichen Ruhe die innere Bewegung entdeckt.

Esther Gerster und Hans-Christian Zehnter gehören zu einer anthroposophischen Arbeitsgruppe, die seit 14 Jahren jede Woche in ein und dieselbe Landschaft blickt. So mag es nun nicht überraschen, dass sie beschreiben, wie ihnen jedes Mal die Landschaft, die oberflächlich doch unverändert ist, ganz anders, ganz neu erscheint. Im Gleichen finden sie den Wandel und gewinnen so vermutlich die Fähigkeit, im Wandel das Beständige zu finden. So wächst Vertrauen in einer bewegten Welt.


“Wir beginnen unsere Naturarbeit ja damit, dass wir mit dem Rücken zur gewählten Landschaft stehend zuerst auf die Erlebnisse der letzten Beobachtung zurückschauen und wieder ein Bild vor dem inneren Auge aufbauen …” Foto: Wolfgang Held

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