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Hilma af Klint — Der Baum der Erkenntnis

«Für Hilma af Klint hatte alles Geist, hatte alles Seele – sogar die Materie», erzählte ihr Großneffe in einem kürzlich auf Arte ausgestrahlten Film über ihr Leben und Werk aus Anlass einer eindrucksvollen Ausstellung ihrer Werke im Guggenheim-Museum New York, die vor wenigen Tagen zu Ende ging.


Ab 11. Mai zeigt nun das Kunstschaudepot der Stiftung Trigon in Dornach den in den Jahren 1913 bis 1915 entstandenen Bilderzyklus ‹Der Baum der Erkenntnis› sowie Faksimilewiedergaben aus ihrem Notizbuch ‹Blumen, Moose, Flechten› aus dem Jahr 1919, die dankenswerterweise von der Albert-Steffen-Stiftung zur Verfügung gestellt wurden.

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Du hast Mysteriendienst vor dir und wirst schon bald einsehen, was von dir gefordert wird.

«Wer Hellseher werden will, wird nie sagen, dass er nur das aufnehmen will, was er vorher geprüft hat, sondern er muss vollständig frei werden von allem Eigensüchtigen und muss alles erwarten von dem, was aus der Welt an ihn herantritt und was man nicht anders bezeichnen kann als mit dem Wort ‹Gnade›. Er erwartet alles von der Gnade, die erleuchtet. Denn wie erwirbt man hellseherische Erkenntnisse? Nur dadurch, dass man alles ausschalten kann, was man jemals gelernt hat.» (Rudolf Steiner, ga 132, S. 29) Hilma af Klint (1862–1944), an der Akademie in Stockholm ausgebildete Malerin, hat dreimal eine solche Phase des ‹Ausschaltens› durchlebt. Das ‹automatische Zeichnen›, das während des Zustandes der Trance vollzogen wurde, hatte zum Ziel, die in der Akademie gelernten Maltechniken zu ‹verlernen›. Entsprechend schreibt sie 1917/18 in ihren ‹Studien über das Seelenleben›: «Um eine Arbeit durchzuführen, bin ich gezwungen worden, das zu verlassen, was in meiner Jugend die Sehnsucht meines Herzens war: die äußere Form wiederzugeben.»

Der dann folgenden Phase des automatischen Zeichnens folgte die Phase der mediumistischen Malweise und schließlich, zu Beginn der 1920er-Jahre, die anthroposophische Maltechnik. Jedes Mal verzichtete sie auf bereits Erlerntes und Praktiziertes, ließ es radikal hinter sich und schlug einen neuen Weg ein.

 


Der Baum der Erkenntnis, Hilma af Klint (Nr. 1), um 1885

Der Baum der Erkenntnis, Hilma af Klint (Nr. 1), um 1885

 

Zu ihren Lebzeiten waren – bis auf eine Ausnahme – ausschließlich ihre naturalistischen Arbeiten ausgestellt worden. Erst 1928, im Rahmen der World Conference of Spiritual Science im Rudolf-Steiner-Haus London, an der sie einen Vortrag über das Rosenkreuzertum gehalten hat, wurden einige Werke aus der ‹Tempel-Serie› gezeigt.

Ihre letzte Notizbucheintragung vom 9. Oktober 1944, zwölf Tage vor ihrem Tod, endet mit dem Satz: «Du hast Mysteriendienst vor dir und wirst schon bald einsehen, was von dir gefordert wird.»


Ausstellung ‹Hilma af Klint – Der Baum der Erkenntnis› im Kunstschaudepot der Stiftung Trigon, Juraweg 2–6, 4143 Dornach (5 Min. Fußweg vom Goetheanum).
Vernissage Sa., 11. Mai 2019 um 16.30 Uhr, Finissage Sa., 6. Juli 2019 um 16.30 Uhr.
Öffnungszeiten an Werktagen 17–18.30 oder auf Anfrage: + 41 79 321 30 38 / +41 79 542 9985

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