exc-5cae32ce15fcc067744193d9

Wie ein Bild von Rembrandt

Sighilt von Heynitz inszenierte ‹Brand› von Henrik Ibsen Ende März am Goetheanum.


Pfarrer Brand kommt in sein Heimatdorf in Norwegen zurück. Geblieben ist ihm seine gegenüber sich und anderen strenge, markante Auffassung einer kompromisslosen Eigenständigkeit (wider den «Sklavengott der Sklavenherde»). Er möchte die Lebensumstände und Menschen ändern. Brands Haltung ermöglicht ihm, schwierige Situationen durchzustehen, der Krankheit der Zeit zu widerstehen. Damit beeindruckt er Agnes, sie heiraten, werden Eltern. Der Arzt rät, den Ort zu verlassen, weil das Klima für ihr Kind schädlich ist. Doch Brand bleibt. Das Kind stirbt. Agnes steht das Leid tapfer durch; doch als Brand von ihr verlangt, einer Zigeunerin, die nach Kleidung für ihren frierenden Sohn verlangt, die letzten Erinnerungen an das Kind auszuhändigen, schwinden Agnes die Lebenskräfte.

Henrik Ibsen führt tief in die Abgründe der Seele. Die Natur mit Kälte und Dunkelheit prägen das Leben der Leute im Fjord, flankiert vom Wirken der Trolle. Die Inszenierung unterstreicht die seelischen Spannungen in den sozialen Beziehungen und die inneren Kämpfe der Menschen durch einen Klangteppich (Lukas Lickli). Beleuchtung (Peter Jackson) und Spiel fokussieren auf die innere Dramatik in voller Intensität, passend zur Passionszeit. Doch wie ein Bild von Rembrandt dunkel, ja düster sein kann, brennt hier wie dort ein Licht. Branko Ljubic arbeitet heraus, wie sich Brands Seele gegenüber seinem Sohn öffnet, wie er in väterlicher Zuneigung sanft wird, aber auch, wie sie seinen absoluten Idealen weicht. Maaike Maas gibt Agnes Selbständigkeit und Treue und zeigt sie selbst auf ihrem Gang in den Tod sicher in ihrem Tun, als sie erkennt, den Weg Brands nicht mehr gehen zu können. Auch im Umfeld der beiden erscheint das Ringen um innere Freiheit in Charakteren wie der Mutter Brands, der wilden Gerd und der Zigeunerin (grandios: Barbara Stuten), in Ejnar (gebrochen: Fabian Horn) sowie dem Bauern, dem Vogt und dem Kirchenprobst (von ängstlich bis autoritär: Christian Jaschke).


Titelbild: Lithograph von Maurice Dumont für eine Inszenierung von ‹Brand› 1895 am Théâtre de l’Œuvre in Paris.

Print Friendly, PDF & Email

Letzte Kommentare