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Entwicklung vor und zurück

Aktuell konnten João Felipe Ginefra Toni (Forschungsinstitut am Goetheanum) und eine Gruppe chinesischer Forscher des College of Life Sciences, Northwest A&F University, im renommierten ‹Botanical Journal of the Linnean Society of London› einen Artikel über ihre goetheanistisch impulsierte Forschung über die Evolution von Pflanzen aus der Gattung Sanguisorba veröffentlichen. Wir erfuhren von João Toni, wie Goethes Ansatz seine moderne Forschung ermöglicht hat.


Was ist das Besondere an dieser Pflanzenmetamorphose? Was konntet ihr Neues feststellen?

Goethe konzentrierte sich hauptsächlich auf zwei Arten der Metamorphose: die regelmäßige und die unregelmäßige Metamorphose. Beim ersten Typus verwandelt sich dasselbe Organ während der Entwicklung einer Pflanze von Samen zu Samen fortschreitend. So werden zum Beispiel die Blätter zu Kelchblättern zusammengezogen, die Kelchblätter zu Blütenblättern erweitert, die Blütenblätter zu Staubblättern kontrahiert und so weiter bis zur Fruchtbildung (letzte große Erweiterung) und zur Samenproduktion (letzte große Kontraktion) in der Blüte geführt. Bei der unregelmäßigen Metamorphose kann die Pflanze Schritte zurück machen und an der Stelle der Staubblätter Blütenblätter und an der Stelle der Fruchtblätter blattähnliche Strukturen produzieren. Das Ergebnis sind zum Beispiel sogenannte gefüllte Blumen von Rosen, die in unseren Gärten wachsen. Was in diesem Zusammenhang sehr speziell und neu in unserer Forschung über Sanguisorba ist, ist die Tatsache, dass wir Goethes morphologische Ideen bestätigen konnten, indem wir deutlich zeigen, wie während der Evolution der Rosenfamilie die Blüten zuerst Blütenblätter durch eine unregelmäßige Metamorphose der Staubblätter zurück in Blütenblätter gewannen und dann in fortgeschritteneren Gruppen der Familie, wie in der Gattung Sanguisorba, das Gegenteil der Fall war. Die Blütenblätter wurden nach und nach immer kleiner und gingen verloren und verwandelten sich in einigen Fällen wieder in Staubblätter, indem ihr Entwicklungszeitpunkt geändert wurde, oder, aus anthroposophischer Sicht, indem ihr Äther- oder Zeitkörper (Zeitgestalt) verändert wurde. Folglich wurde ihre Bestäubungsart von Insekten- auf Windbestäubung und innerhalb der Gattung Sanguisorba von Windbestäubung wieder auf Insektenbestäubung durch die kompensatorische Wiedererlangung blütenblattähnlicher Eigenschaften umgestellt.

Wie ist das Interesse an Goethes Arbeit innerhalb der Botanik und Naturwissenschaften heute?

Goethes morphologischer Ansatz fragt immer zuerst danach, wie etwas sich entwickelt hat, und dann warum. In diesem Sinne habe ich mit vielen Morphologen im Forschungsnetzwerk Flo-re-s kollaboriert. Außerdem erlebt die Morphologie innerhalb der Wissenschaften eine Art Renaissance, da die dominanten molekularen Ansätze nicht mehr als Erklärungsmodelle ausreichen.


Mehr: Flores-Network und Evolving Morphology.

Zum Fachartikel

Bild: Die asiatische Sanguisorba hakusanensis, Foto: João Felipe Ginefra Toni

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