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Kulturtagung: Der Atem Ägyptens

Die Faszination der altägyptischen Kultur zeigt sich in äußeren Zitaten wie der Glaspyramide vor dem Pariser Louvre sowie in einer intensiven Auseinandersetzung und Identifikation mit dieser Zeit. Um dieses Phänomen besser zu verstehen, kann man auf die Wiederkehr von Kulturimpulsen achten. Solche «Spiegelungen» (Rudolf Steiner) helfen dabei, aufmerksamer zu werden für das, was Geschichte und individuelles menschliches Leben gestaltet. Dies war Thema der Kulturtagung ‹Der Atem Ägyptens› von 2. bis 4. Februar.

Fragt man den Orientalisten Bruno Sandkühler nach Beispielen, weist er auf den enormen technischen Fortschritt hin: «Es gab damals eine unglaubliche Meisterschaft in der Materialbearbeitung, die bei der Herstellung eines Obelisken weder vor der Härte des Granits noch vor den Problemen des Transports und dem Aufstellen eines mehr als 300 Tonnen schweren Objekts zurückschreckte, die zu filigransten Gold- und Silberschmiedearbeiten führte und in großer Sorgfalt den Körper zu erhalten strebte.» Einen Bezug zu heute sieht er beispielsweise in hoch entwickelten Praktiken wie Organtransplantation und Aufbewahren von Eizellen und Spermien für eine spätere Befruchtung.

Darüber hinaus deutet Bruno Sandkühler das Phänomen neuägyptischer Religionen, «deren Mitglieder sich – wie Teilnehmende entsprechender Internetforen – altägyptische Namen geben», als Bedürfnis nach einer Auseinandersetzung mit dieser Zeit. Für die Kulturwissenschaftlerin und Leiterin der Sektion für Schöne Wissenschaften, Christiane Haid, zeigt sich darin der in einer tieferen Schicht liegende persönliche Bezug: «Wir erleben uns als ein Wesen, das nicht erst jetzt seine Existenz begann, sondern Erfahrungen in früheren Kulturen gesammelt hat und nach Selbsterkenntnis und Identitätsbildung strebt.» Wie die Impulse in der Gegenwart produktiv werden, zeigt das Wirken der von Ibrahim Abouleish gegründeten sozialen Unternehmung Sekem bei Kairo. sj

Buch zum Thema: Bruno Sandkühler, ‹Lotus und Papyrus. Der Atem Ägyptens›, 200 Seiten, € 58/Fr. 72, Verlag am Goetheanum, Dornach 2017

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