Corona-Impfung: Hilfen zur Entscheidung

Der Bürger- und Patientinnenverband Gesundheit Aktiv veranstaltete am 25.2.2021 einen Live-Talk mit dem Kinder- und Jugendarzt Steffen Rabe und dem Virologen und Epidemiologen Klaus Stöhr, um in einen Informationsaustausch über die Corona-Impfungen zu kommen.


Über 3000 Teilnehmende fanden sich am Abend vor ihren Computern ein, um hoffentlich etwas klarer entscheiden zu können, ob sie sich impfen lassen werden. Das Impulsreferat von Steffen Rabe gab einen relevanten Einblick in Wirkweisen und Arten von Impfstoffen, deren neue Technologien Möglichkeiten und Risiken bergen. Er hat 2006 die Vereinigung Ärzte für individuelle Impfentscheidungen mitbegründet und berät tagtäglich in seiner Praxis Eltern zum Thema Impfen.

Steffen Rabe, z. V. g.

mRNA-Impfstoffe

Im Fall von Corona als RNA-Viren sind im Moment zwei zugelassene Impfstoffe der Firmen Biontech und Moderna erhältlich, die auf mRNA-Technologie basieren und je zwei Impfdosen brauchen. Die Erbinformation des Antigens wird in seinen Bauplan umgeschrieben, also nicht direkt als DNA geimpft. Der Körper selbst übernimmt es dann, das Antigen zu bauen. Allerdings kann die RNA nicht einfach so verspritzt werden, weil sie sehr instabil ist, sondern muss verpackt werden, um in die Körperzelle zu gelangen. Die ‹Verpackungsmittel› bestehen aus Liponanopartikeln und Polymeren. Vorteile dieser Impfart sind, dass die Herstellung viel einfacher ist, was die Impfung günstiger und schneller anwendbar macht. Weil man keine DNA impft, gibt es auch keine Befürchtungen eines Zurückschreibens der DNA in unsere Zellkern-DNA. Und diese Impfungen können beim Nachlassen der Wirkung problemlos aufgefrischt werden. Allerdings sind sie auch umstritten und bereits dreißig Jahre wurde an ihnen ohne Erfolg geforscht. Das Problem sind die Verpackungsmaterialen. Nanotechnologie im menschlichen Körper ist sehr wenig bekannt und Polymere sind sehr allergene Stoffe. Bei den mRNA-Impfstoffen kommen zehnmal so häufig allergische Reaktionen vor als bei konventionellen Impfstoffen. Die Wirksamkeit ist kürzer. Bisherige Zulassungsverfahren zeigten massive Nebenwirkungen, weshalb wenige Impfstoffe den Markt erreichten.

Virus-Vektor-Impfstoffe

Bei den sogenannten Virus-Vektor-Impfstoffen wird auch das Zielantigen vom Körper des Geimpften selbst gebildet. Der Bauplan für das Antigen wird in einen anderen Virus eingesetzt (Vektorfähre) und dann verimpft. Die Immunität wird dann gegen das Zielantigen aufgebaut, aber natürlich auch gegen die Vektorfähre. Hier hat die Firma AstraZeneca einen Impfstoff auf den Markt gebracht, der allerdings eine DNA-Vektorfähre hat. Die Firma hat ihre Vergleichsstudien mit einem Meningokokkenimpfstoff gemacht, was die Wahrnehmung der möglichen Nebenwirkungen verkleinert. Und die Probanden waren angewiesen, viermal am Tag Paracetamol zu nehmen. Johnson und Johnson hat noch einen Virus-Vektor-Impfstoff in Beantragung, der nur eine Impfung braucht, aber auch schlechter wirkt als die mRNA-Impfstoffe. Der Vorteil der Virus-Vektor-Impfung ist, dass die Verpackung ‹biologisch› ist. Das Hauptproblem ist die entstehende oder bereits bestehende Immunität gegen den Vektor. Nimmt man unbekannte Viren, bergen sie unbekannte Risiken. Nimmt man bekannte, ist die Immunität schon vorhanden. Außerdem muss man bedenken, dass Viren weltweit verschieden sind, was eine internationale Vermarktung schwieriger macht. Sie sind auch nicht nachimpfbar wegen der Vektorfähre. Wenn wir DNA-Viren verimpfen, können sich diese auch in die DNA des Menschen einbauen. Bei RNA-Viren ist das erst mal nicht der Fall, kann aber nicht ausgeschlossen werden. Viren haben in der Evolutionsgeschichte immer wieder ihre Erbinformation in menschliche Zellkerne eingebaut. Wissenschaftlich betrachtet bleibt eine Unsicherheit.

Klaus Stöhr, z. V. g.

Peptid-Impfstoffe

Bei Peptid-Impfstoffen, die wir noch nicht haben, verimpfen wir nur den immunologisch wichtigen Baustein des Antigens, das Epitop. Das braucht Trägersysteme, auf die es geklebt werden kann. Dafür sind Epitope chemisch herstellbar, was günstig und schnell geht und auch klar definiert ist, anders als bei einem Lebendimpfstoff. Allergien sind sehr unwahrscheinlich, weil sie so klein sind. Der Nachteil ist wiederum die Verpackung und die aufgrund ihrer Größe nötige Trägersubstanz. Die Firma Novavax will im März noch ihren Peptid-Impfstoff durch die Zulassung bringen.

Wenn mich Covid-19 so sehr schreckt, dass ich die noch unbekannten Risiken und Nebenwirkungen der Impfung in Kauf nehme, muss ich das selbst entscheiden.

Individuell entscheiden

Unglaubliche finanzielle Mittel wurden für diese Impfstoffentwicklung zur Verfügung gestellt und schon ein halbes Jahr lang an ca. 40 000 Probanden getestet, was nicht ersetzt, dass Langzeitstudien nötig und noch nicht erfolgt sind. Die Situation ist immer noch unübersichtlich. Klaus Stöhr, ehemaliger Leiter des Global Influenza Program der WHO, fordert einen stärkeren wissenschaftlichen Diskurs, was die Impfungen betrifft. Er geht davon aus, dass Coronaviren nicht ausrottbar sein werden und wir sie von pandemischen zu endemischen Viren machen müssen, also zu solchen, die in begrenzten Gebieten auftreten. Wenn das der Fall wäre, bräuchte es auch keine Impfung mehr. An ihre Saisonalität müssten wir uns gewöhnen und es ist durchaus möglich, dass der heute verimpfte Stoff gegen die Viren im Herbst 2021 nicht mehr wirkt. «Wenn mich Covid-19 so sehr schreckt, dass ich die noch unbekannten Risiken und Nebenwirkungen der Impfung in Kauf nehme, muss ich das selbst entscheiden. Wir wissen bisher nur, dass der Impfstoff gut sechs Monate schützt», bestätigt auch Steffen Rabe und spricht sich für eine individuelle Impfentscheidung aus. Stöhr berichtet von Studien aus England, die belegen, dass die Wirkung der Antikörper aus einer durchgemachten Corona-Erkrankung bei einem Fünftel der Menschen bereits nach fünf Monaten schon wieder nachlässt. Und gleichzeitig betont er, dass der Impfstoff die Reinfektion auch nicht komplett verhindern kann. Alle Ungeimpften werden sich jedoch über kurz oder lang mit Corona anstecken und die Antikörper auf natürliche Art und Weise bekommen, betont Stöhr und hält die Pandemie erst für beendet, wenn alle Antikörper haben. Wenn wir bei durch Impfung vorzubeugenden Erkrankungen von ‹Herdenimmunität› sprechen, sprechen wir davon, dass die Impfung dann auch davor schützt, andere anzustecken. Sie kann die Erkrankung nicht mehr übertragen, wodurch Infektionsketten zum Erliegen kämen. Ob das bei den aktuellen Covid-Impfstoffen der Fall ist, weiß die Medizin im Augenblick nicht. Das Bild einer ‹Zweiklassengesellschaft› von Geimpften und Nichtgeimpften setzt voraus, dass Geimpfte gar nicht mehr ansteckend sind, was aber nicht stimmt. Die Impfstoffe könnten das Risiko der Ansteckung vermindern, scheinen das auch zu tun, aber nicht ganz verhindern, weshalb das Bild falsch ist.

Steffen Rabe betonte zum Abschluss der Live-Streams aber noch einmal, dass wir mit Corona von einer Erkrankung reden, von der 85 Prozent der Erkrankten nicht mitbekommen, sie zu haben. Die Komplikation sei bei Covid-19 die Ausnahme.

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