Ausstieg aus Corona

Seit fast einem Jahr gilt eine Art Ausnahmezustand in der Welt. Wir sind auf Stand-by und warten, dass das normale Leben wieder beginnt.


Wir sind schon durch verschiedene Stufen des ‹gelockdowned›-Seins gegangen und die Zermürbungserscheinungen äußern sich bei den Menschen in verschiedenen Bereichen: in der Bedrohlichkeit eines immer noch Unbekannten, den scheiternden Homeschooling-Versuchen, dem Verlust an Fokussiertheit, der Sehnsucht nach echten sozialen Kontakten, der finanziellen Not, der fehlenden Unbeschwertheit. Nun kehrt immerhin das Licht wieder zurück. Der Schnee hat seine Aufrichtigkeit gespendet. Die selbstbewusste Mattheit der Kälte verlangt nach Frühling, nach Bewegung, nach Außen.

Und wir warten, dass das Warten ein Ende hat. Zumindest die meisten von uns. Diese Hold-on-Situation nach fast zwölf Monaten hinterlässt den Eindruck, dass das richtige Leben woanders und zu einer anderen Zeit geschieht, und korrumpiert vielleicht allmählich unser Verständnis und Verhältnis von und zum Leben, unbeabsichtigt und ohne jedwedes Verschwörungsdenken, einfach nur aus der Sache selbst. Wieder hinein ins Leben komme ich für mich allein betrachtet nur, wenn ich mich bewusst frage, wie ich leben will in den Grenzen und Möglichkeiten meiner Realität, wenn ich meine Freiheitssphäre dadurch wieder erringe, dass ich mir diese Frage beantworte und sie selbst verantworte. So gesehen gehört die Suchbewegung nach einem Ausstieg aus Corona auch zu den Vielschichtigkeiten, die uns dieses Phänomen beschert, und verweist ganz auf den Einzelnen selbst.


Foto: Gilda Bartel

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